Ökumene ist ein wichtiges Thema auf dem Kirchentag in Hannover

Ökumenische Normalität und vertane Chance

Kaum ein Podium auf dem Evangelischen Kirchentag ist nicht ökumenisch besetzt, dafür spielen große Themen der letzten Jahrzehnte im Programm keine Rolle mehr. Bemerkenswert ist nicht nur, wer alles dabei ist, sondern auch, wer fehlt.

Autor/in:
Von Benjamin Lassiwe
Evangelischer Kirchentag in Hannover / © Paul-Philipp Braun (epd)
Evangelischer Kirchentag in Hannover / © Paul-Philipp Braun ( epd )

Es geht um das Eintreten der Christen für den Frieden. Es geht um Kirche als mutige Minderheit. Und darum, dass in Sachen Einheit der Christen mehr möglich ist, als man gemeinhin denkt. Insgesamt sechs Veranstaltungen zählt die „Podienreihe Ökumene“ während des Deutschen Evangelischen Kirchentags, der vom 30. April bis zum 4. Mai unter der Losung „Mutig. Stark. Beherzt“ in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover stattfindet.

Auffallend dabei: Manche großen ökumenischen Themen der letzten Jahrzehnte spielen im Programm des Hannoverschen Kirchentags keine Rolle mehr. Die Zulassung von Christen anderer Konfessionen zur Eucharistie, der Umgang mit konfessionsverschiedenen Paaren oder die in diesen Tagen durchaus aktuell gewordene Frage, wie die evangelischen Kirchen mit dem Papstamt umgehen, finden sich im Programm des Kirchentags nicht mehr.

Dass man beim Zweiten Ökumenischen Kirchentag in München 2010 extra die orthodoxe Artoklasie ins Programm des Christentreffens hob, um ein gemeinsames und ökumenisch unschädliches Ritual des Brotbrechens feiern zu können, setzt sich auf dem evangelischen Kirchentag nicht fort. Statt dessen werden eine ganze Reihe Abendmahlsgottesdienste gefeiert. 

Auch zusammen mit Gemeinden, deren Kirchen eine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft oder wenigstens eine gastweise Einladung zum Abendmahl mit der EKD oder den in der VELKD zusammengeschlossenen Lutheranern praktizieren - also Methodisten, Anglikanern und Altkatholiken.

Katholische Bischöfe vor Ort 

Bischof Heiner Wilmer / © Nicolas Ottersbach (DR)
Bischof Heiner Wilmer / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Jenseits der Beschäftigung mit der Ökumene an sich gibt es auf dem Kirchentag zudem zahlreiche ökumenisch besetzte Podien und Bibelarbeiten. Eine ganze Reihe katholischer Bischöfe geben sich die
Ehre, vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, dem Limburger Bischof Georg Bätzing, bis zum katholischen Ortsbischof Heiner Wilmer aus Hildesheim.

Die Orthodoxie wiederum wird vor allem vom griechisch-orthodoxen Bischof Emmanuel von Christopoulos vertreten, der etwa am zentralen ökumenischen Gottesdienst am 1. Mai teilnimmt und eine Dialogbibelarbeit mit Diakonie-Direktor Rüdiger Schuch hält.

Ökumenische Besetzung

Der wohl ungewöhnlichste ökumenische Gottesdienst des Kirchentags findet dabei am Freitag vormittag statt. Unter dem Titel "Heff Mood, wees stark, wies dien hart" gestalten der "Arbeitskrink Plattdüütsch in de Kark" aus Rehburg-Loccum und der "Arbeitskrink Plattdüütsch in de Nordkark" aus Bredstedt einen Gottesdienst, in dem Hannovers Bischof Ralf Meister und Wilmer gemeinsam die Predigt halten werden.

Doch auch ein Podium zum Ehren- und Hauptamt in den Kirchen unter dem Titel „Die Bischöfin hat erst abends Zeit“, Veranstaltungen zum Umgang mit Rechtsextremismus oder zum Umgang mit dem Glauben junger Menschen sind ökumenisch besetzt. Die Liste ließe sich fortsetzen - es ist mittlerweile eher ungewöhnlich, wenn ein Podium keinen Vertreter einer anderen Konfession dabei hat.

Eine vertane Chance

Bemerkenswert freilich ist nicht nur, wer beim Hannoverschen Kirchentag alles dabei ist. Bemerkenswert ist auch, wer fehlt. Denn Hannover ist nicht nur der Sitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) oder der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), die sich ebenfalls am Kirchentag beteiligt. Hannover ist seit 2014 auch Sitz der Reformierten Weltgemeinschaft, der 230 evangelisch-reformierte Kirchen mit 80 Millionen Mitgliedern angehören.

Doch während die reformierten Kirchen Deutschlands zusammen mit den lutherischen „Küstenkirchen“ aus Oldenburg und Bremen in der Evangelisch-Reformierten Kirche Hannover an der U-Bahn-Station Waterloo ein eigenes Zentrum gestalten, sucht man jeden Hinweis auf die Existenz der Weltgemeinschaft im Kirchentagsprogramm vergebens. Was im Blick auf den Veranstaltungsort Hannover wohl nichts weniger als eine vertane Chance ist.

Kirchentagslosung 2025

Der 39. Deutsche Evangelische Kirchentag 2025 in Hannover vom 30. April bis 4. Mai steht unter der Losung "mutig - stark - beherzt" aus dem ersten Brief des Paulus an die Korinther (1 Kor 16,13-14). Laut Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund passt die biblische Losung "in diese Zeit wie keine zweite". Es brauche Mut, um Herausforderungen wie den Krieg in Europa oder die Klimakrise anzugehen. Die Leitworte der Kirchentage gelten als Zeitansage: Sie sollen eine Brücke zu aktuellen Themen bilden.

Beginn des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentags am Mittwoch dem 30.04.2025 in Hannover. / ©  Tim Wegner (epd)
Beginn des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentags am Mittwoch dem 30.04.2025 in Hannover. / © Tim Wegner ( epd )
Quelle:
KNA