Der Evangelische Kirchentag in Hannover hat begonnen. Viele tausende Christen haben sich im Zentrum der Landeshauptstadt Niedersachsens versammelt, um zu diskutieren, zu beten, zu feiern – und sich zu begegnen. Dieses Mal bin ich einer von ihnen. Gemeinsam mit meiner Kollegin Lara Burghardt habe ich mich von Köln auf den Weg nach Hannover gemacht. Den Weg vom Rhein an die Leine haben wir nicht alleine auf uns genommen, sondern mit bis zu 100.000 Menschen. So viele sollen an den fünf Tagen in Hannover zusammenkommen. Einige haben wir schon auf der Autobahn und auch nach der Ankunft am Hauptbahnhof gesehen.
Zu erkennen ist der typische Kirchentagbesucher an den markanten bunten Schals. Sie werden zu jedem Kirchentag verkauft, in diesem Jahr sind sie rot. Doch auch Sportschuhe, Trekkinghosen und karierte Hemden sind nicht selten zu sehen. Da unterscheiden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kirchentage nicht von denen des katholischen Gegenübers, der Katholikentage. Eine Ökumene der Funktionskleidung sozusagen.
Eine berührende Predigt
Nach der 3,5-stündigen Autofahrt finde ich mich in einem der Eröffnungsgottesdienste wieder. Ich habe mich für den Gottesdienst auf dem Opernplatz entschieden, der in einfacher Sprache gefeiert wird. Einige Familien mit Kindern und Jugendlichen sind auch dabei – ein hoffnungsvolles Bild. Besonders die vielen Pfadfinder stechen hervor, die überall als Helfer präsent sind. Die Predigt des Gottesdienstes ist ebenfalls in einfacher Sprache gehalten und auch dadurch wirklich berührend.
Die Schweizer Theologin Evelyne Baumberger greift darin das Motto des Kirchentags auf: "Mutig – stark – beherzt". Sie spricht über Mut und erinnert an den gealterten Propheten Daniel, der eine Gotteserfahrung macht. Trotz der eigenen Mutlosigkeit weiter nach Gott zu suchen, sich von ihm berühren zu lassen und für seine Botschaft einzustehen, das erfordere von Daniel genauso viel Mut, wie die Auseinandersetzung in der Löwengrube in jungen Jahren, so Baumberger.
Kirchentags-Kanon ist Ohrwurm
Etwas verstörend wirken drei Männer, die einen skurrilen Kopf mit zwei riesigen Händen darstellen und im Gang umhergehen. Sie sind Teil des Gottesdienstes und sprechen Menschen an oder wollen sie mit den aus der nahegelegenen Oper stammenden Requisiten umarmen. Gerade angesichts der aktuellen Diskussionen um Missbrauch in der evangelischen Kirche wirkt das auf mich aber unsensibel. Ein richtiger Ohrwurm hingegen ist der für diesen Kirchentag geschriebene Kanon "Lass es in Liebe geschehn", der auf den Ersten Korintherbrief Bezug nimmt.
Ich bin auch bei dem Gottesdienst, um eine alte Freundin aus dem Theologie-Studium zu sehen. Sie ist Liturgie-Referentin im Bistum Hildesheim, zu dem auch Hannover gehört, und hat die Liturgie mit vorbereitet. Kirchen- und Katholikentage sind nun einmal immer Orte des Wiedersehens alter Bekannter – eine Art kirchliches Familientreffen. Ich werde mich in den kommenden Tagen in Hannover unter anderem auf die Suche nach den ökumenischen und katholischen Spuren beim Kirchentag begeben und darüber in meinen Blog-Beiträgen berichten. Ich hoffe, Sie sind dabei.