Mit modernen Arbeitsmodellen klappt Jobsharing für Führungskräfte

Zwei Chefinnen mit einer Vision

Neue Arbeitsmodelle, neues Denken. In einem katholischen Klinikum in Trier leiten zwei Frauen als Doppelspitze den Bereich Kommunikation. Sie zeigen, wie Jobsharing funktionieren kann und sich ihr Topjob teilen lässt.

Autor/in:
Matthias Jöran Berntsen
Alexandra Wilsdorff und Christina Weiland, Leiterinnen der Bereiche Marketing, Unternehmenskommunikation und Veranstaltungsmanagement. / © Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen (KNA)
Alexandra Wilsdorff und Christina Weiland, Leiterinnen der Bereiche Marketing, Unternehmenskommunikation und Veranstaltungsmanagement. / © Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen ( KNA )

Neue Arbeitsmodelle gelten als ein entscheidendes Mittel gegen den Fachkräftemangel. Als besonders innovativ wird oft das Jobsharing auf Führungsebene betrachtet. So sollen insbesondere Frauen dafür gewonnen werden, Verantwortung in Unternehmen zu übernehmen - und Familie und Karriere miteinander vereinbaren zu können.

Seit einem Jahr besetzen Christina Weiland und Alexandra Wilsdorff gemeinsam eine solche Chefinnenposition. Für mehr als ein Dutzend Mitarbeitende sind die beiden Frauen im katholischen Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen verantwortlich. Es ist mit mehr als 3.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in der rheinland-pfälzischen Großstadt Trier.

Feiern gehört zum Job

Gleich im ersten Arbeitsjahr hatten beide als Doppelspitze für die Bereiche Marketing, Unternehmenskommunikation und Veranstaltungsmanagement das 175. Jubiläum zu gestalten. Im Dezember wurde das mit einer Festveranstaltung in der Europahalle der Stadt und mit einem Mitarbeiterfest am Domfreihof gefeiert - nachdem zuvor bereits der Trierer Bischof Stephan Ackermann eine Messe in der Sankt Josef Kirche des Klinikums zelebriert hatte.

"Die Veranstaltung ist nahezu perfekt verlaufen", blickt Christina Weiland stolz zurück. Sie hatte die Idee zum Jobsharing und hat ihren zukünftigen Arbeitgeber damals im Vorstellungsgespräch davon überzeugt. "Es ist eine Position, die sich nicht von einer Teilzeit alleine managen lässt", sagt sie.

Zwei Chefinnen - verschiedene Themen

Weiland fügt hinzu: "Ich wollte Verantwortung, aber als Mutter eben nicht in einer Vollzeitstelle." Kurzerhand schlug die 46 Jahre alte Betriebswirtin der Klinik eine Arbeitskollegin vor - mit der sie sich nun tatsächlich die Leitung teilt. Die persönliche Bindung sehen beide Frauen als Basis für ihren beruflichen Erfolg; ein Konkurrenzdenken gebe es nicht.

Die Medienwissenschaftlerin Alexandra Wilsdorff komplettiert die Doppelspitze. Mit individuellen Arbeitsschwerpunkten wollen die Frauen sich auf Themenbereiche fokussieren und dafür jeweils die erste Ansprechpartnerin sein. "Damit steigern wir die Effizienz und vermeiden, dass beide alles machen. Wir arbeiten also eigenständig in unseren Bereichen, wobei wir uns zu allen großen Themen beraten - und wichtige Entscheidungen nur mit dem Einverständnis der jeweils anderen treffen."

Mutter und Führungskraft

Sie wollen die Kommunikationssteuerung als eingespieltes Tandem wahrnehmen und vertreten einander. "Grundsätzlich sehr, sehr wichtig ist der regelmäßige Austausch", unterstreicht die 49-Jährige Wilsdorff. Ihre Kollegin nickt zustimmend und lächelt. Wöchentlich verabreden sich die Frauen miteinander zu einem Arbeitsgespräch, um aktuelle Herausforderungen der gemeinsamen Führungsposition zu besprechen.

"Dank Jobsharing lassen sich Karriere und Familie vereinen", lautet ein erstes Fazit von Alexandra Wilsdorff. "Ich darf Mutter sein und kann mit Tina an meiner Seite zeitgleich den hohen Anforderungen an eine Führungsposition genügen." Dass sie sich neben der Arbeit auch das Gehalt teilen, ist für beide kein ausschlaggebender Punkt. "Geld ist nicht alles", sagt Weiland.

Daueraufgabe Krisenkommunikation

Ein zentrales Thema ihres gemeinsamen Teams ist die Vorbereitung auf mögliche Krisensituationen. Davon gab es in den vergangenen fünf Jahren mehrere: Im ersten Jahr der Corona-Pandemie ereignete sich eine Amokfahrt in Trier, zahlreiche Menschen mussten behandelt werden. Und parallel zur Ahrtal-Flut wurde auch Trier überschwemmt - vom beschaulichen Eifel-Flüsschen Kyll. Ein Klinikstandort des Mutterhauses stand unter Wasser, war wirtschaftlich nicht zu retten.

Heute werden pro Jahr rund 200.000 Patientinnen und Patienten im stationären und ambulanten Bereich des Klinikums sowie im Medizinischen Versorgungszentrum behandelt. Und es könnten noch mehr sein, wenn bürokratische Hürden abgebaut würden, meint Geschäftsführer Christian Sprenger. Daran kann er wenig ändern, anders als beim internen Arbeitsklima. Dafür brauche es Toleranz, die bei der Geschäftsführung anfange.

Moderne Arbeitsmodelle mit Akzeptanz

"Wie das Ziel in der richtigen Zeit erreicht wird, ist mir zunächst einmal egal", betont Sprenger. Das Klinikum biete Beschäftigten daher verschiedene Modelle wie Homeoffice für Bürokräfte, einen sogenannten Flexpool für Pflegende und eben Jobsharing an. Flexpool ist ein flexibles Arbeitsmodell für die Pflege, in dem Teil- oder Vollzeit außerhalb des Schichtdiensts gearbeitet werden kann. Mitarbeitende bestimmen dabei die Arbeitszeiten ab zwölf Wochenarbeitsstunden selbst, so dass sie zu den Lebensumständen passen.

"Entscheidend ist für mich doch, dass ich während der Arbeitszeit jemanden erreiche - und das ist der Fall. Es funktioniert also", unterstreicht der Geschäftsführer. Er rät anderen Unternehmen dazu, neue Arbeitsmodelle zeitlich befristet auszuprobieren und zu schauen, wie es im Alltag klappt. Notwendig sei eine Akzeptanz im gesamten Haus, so Sprenger. "Das ist wie im Sport: Wenn der Präsident in die Champions League will, aber der Platzwart nicht, dann kommen die auch nicht in die Champions League."

Quelle:
KNA