Aufregung um ein mögliches Treffen von Papst und Kardinälen

Geplantes Konsistorium weckt Erinnerungen an Benedikt XVI.

Spekuliert wird derzeit viel im und um den Vatikan. Nur wenige Menschen wissen, wie es wirklich um den kranken Papst steht. Nun schreckt er die Beobachter mit einem anberaumten Treffen auf - und weckt Erinnerungen.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Konsistorium mit Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Konsistorium mit Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Trotz unverändert kritischem Gesundheitszustand arbeitet Papst Franziskus im Krankenhaus weiter. Dabei traf er am Montag eine Entscheidung, die unter anderen Umständen für keinerlei Aufsehen gesorgt hätte. Doch angesichts der ernsten Erkrankung des Papstes lässt sie Vatikan-Beobachter aufhorchen. Und das liegt am Rücktritt seines Vorgängers Benedikt XVI. vor fast genau zwölf Jahren.

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am 30. Juni 2021 in Berlin. / © Walter Wetzler
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am 30. Juni 2021 in Berlin. / © Walter Wetzler

Anfang der Woche empfing Franziskus erstmals offiziell zwei seiner wichtigsten Mitarbeiter - die Spitze des vatikanischen Staatssekretariats. Für die katholische Weltkirche ist das vergleichbar mit dem deutschen Kanzleramt. Dessen Leiter Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin wurde begleitet vom "Innenminister" Erzbischof Edgar Pena Parra.

Üblicher Termin zu unüblichem Zeitpunkt

Bekannt wurde die Begegnung einen Tag später im Zusammenhang mit Prozessen zu geplanten Selig- und Heiligsprechungen. Der Papst muss bestimmte Schritte dieser oft Jahrzehnte dauernden Vorgänge genehmigen, ehe sie weitergehen können. Bevor diese Vorbilder des christlichen Glaubens mit der Selig- oder Heiligsprechung zur Verehrung der Gläubigen freigegeben werden, trifft sich der Papst mit seinen Kardinälen, die dann das alles "abnicken". Konsistorien heißen diese Zusammenkünfte.

Bislang zwölf Mal hat sich Franziskus aus diesem Anlass mit den Kardinälen getroffen. Es sind "ordentliche Konsistorien". Auch die Ernennung von neuen Kardinälen geschieht im Rahmen von Konsistorien. Letztere nahm der Papst bislang zehn Mal vor.

Benedikts Amtsverzicht aus heiterem Himmel

Doch eine dieser an sich wenig spektakulären Versammlungen ging am 11. Februar 2013 in die Kirchengeschichte ein. Am Ende eines Heiligsprechungs-Konsistoriums überraschte der deutsche Papst die anwesenden Kardinäle mit der Ankündigung seines Amtsverzichts - aus heiterem Himmel und auf Latein. Er wählte diesen Rahmen, weil er den kirchenrechtlichen Anforderungen für die Bekanntgabe eines Papst-Rücktritts am ehesten entspricht.

Papst Benedikt XVI. verlässt den Raum, nachdem er seinen Rücktritt während eines Konsistoriums am 11. Februar 2013 im Vatikan verkündet hat / © Osservatore Romano/Romano Siciliani (KNA)
Papst Benedikt XVI. verlässt den Raum, nachdem er seinen Rücktritt während eines Konsistoriums am 11. Februar 2013 im Vatikan verkündet hat / © Osservatore Romano/Romano Siciliani ( KNA )

Nun ist es der schwerkranke Franziskus, der in der Klinik angekündigt hat, "ein Konsistorium einzuberufen, das sich mit den nächsten Heiligsprechungen befassen wird". Mit Benedikts Rücktritt im Hinterkopf löst diese Entscheidung Besorgnis bei Mitarbeitern und Berichterstattern aus. Bestärkt wird sie durch die mediale Diskussion um einen möglichen Rücktritt Franziskus'. Seit Tagen äußern sich Kardinäle dazu in Interviews.

Doch hat Franziskus einen solchen Schritt bislang immer abgelehnt. Nur für den äußersten Fall hat er zu Beginn seines Pontifikats ein Rücktrittsschreiben bei der Instanz hinterlegt, die er am Montag zu sich rief: Kardinalstaatssekretär Parolin.

Trotz schwerer Infektion an Atemwegen und Lunge arbeitet Franziskus weiter. Das Konsistorium war nicht das einzige Thema der Begegnung mit seinen engen Mitarbeitern. Denn diese Angelegenheiten bespricht Franziskus üblicherweise direkt mit dem Verantwortlichen der Vatikanbehörde für Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Vielmehr dürften die drei Männer über viele derzeit ausstehende Entscheidungen gesprochen haben.

Neue Kommission wird eingerichtet

Die Zahl der Personalwechsel, die vom Papst abgesegnet und täglich im Bulletin der vatikanischen Pressestelle veröffentlicht werden, nimmt nicht ab. Am Mittwoch veröffentlicht der Vatikan den Beschluss des Papstes, eine Kommission zur Akquise von Spendengeldern für den Vatikan einzurichten. Ununterbrochen werden zudem die vorbereiteten päpstlichen Ansprachen der Generalaudienzen und des Sonntagmittagsgebets publiziert, die aufgrund des Klinikaufenthaltes derzeit eigentlich gar nicht stattfinden. Geplante Termine des Papstes werden weiterhin nur "auf Sicht" abgesagt.

 © Alessandra Tarantino (dpa)
© Alessandra Tarantino ( dpa )

Amtsmüdigkeit sieht anders aus. Und so spricht derzeit wenig dafür, dass das einberufene Konsistorium einem anderen Zweck als der Vorbereitung von Heiligsprechungen dient. Ein Datum für die Zusammenkunft gibt es bislang übrigens nicht.

Zu einer möglichen Verlegung des Treffens mit den Kardinälen vom Vatikan in die Gemelli-Klinik möchte sich der Vatikan derzeit nicht äußern. Der aktuelle Zustand des Papstes ließe dies wohl gerade auch nicht zu. Er soll unverändert kritisch, aber stabil sein. Am Mittwochabend werden die Ergebnisse einer Computertomographie erwartet, die Aufschluss über den Fortgang seiner beidseitigen Lungenentzündung geben sollen.

Gemelli-Klinik

Die Gemelli-Klinik ist das akademische Lehrkrankenhaus der Katholischen Universität «Sacro Cuore» in Rom. Das Klinikum nahm seinen Dienst 1964 auf, es gilt als eines der besten Krankenhäuser Roms. Seinen Namen verdankt es dem Mediziner und Psychologen Pater Agostino Gemelli (1878-1959).

Nach dem plötzlichen Tod von Johannes Paul I. (1978) wurde im zehnten Stock der Klinik ein eigenes Appartement für Päpste reserviert. Bis dahin wurden sie im Falle einer Erkrankung im Vatikan oder am Sommersitz Castel Gandolfo medizinisch behandelt.

Gemelli-Klinik in Rom (dpa)
Gemelli-Klinik in Rom / ( dpa )
Quelle:
KNA