Anwalt verteidigt angezeigte Anti-AfD-Predigt mit Grundrechten

Wegen Volksverhetzung und übler Nachrede

Nachdem der Erdinger Pfarrer Martin Garmaier wegen seiner Silvesterpredigt angezeigt worden ist, äußert sich nun ein Anwalt zu dem Streit. Nach seiner Einschätzung droht dem Pfarrer kein juristisches Ungemach.

Predigtmappe / © Harald Oppitz (KNA)
Predigtmappe / © Harald Oppitz ( KNA )

Ein AfD-Sympathisant hatte eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung und übler Nachrede gestellt. 

Der stellvertretenden Vorsitzenden des Bundes Katholischer Rechtsanwälte (BKR), Sven-Joachim Otto, erklärt, dass die Aussagen in Garmaiers Silvesterpredigt von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Sie erfüllten nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung, sagte Otto laut dem Internetportal "Katholisch.de" am Donnerstag.

Zudem könne sich der Geistliche in der Auseinandersetzung auf die Meinungs- und Religionsfreiheit berufen, so Otto. Die Grundrechte schützten auch die Meinungsäußerungsfreiheit von Priestern in ihren Predigten. 

Je näher Aussagen an der eigentlichen Religionsausübung stünden, desto mehr seien sie geschützt. "Wenn es in einer Predigt um die Auslegung des Alten oder Neuen Testaments oder um einen Heiligen geht, dann reicht das Recht zur freien Meinungsäußerung bei Priestern sehr weit", so der Anwalt weiter.

Rechtlicher Ratschlag für die nächste Predigt

Bei politischen Aussagen könne man jedoch "eine gewisse Entfernung" vom Kernbereich der Religionsausübung unterstellen. Daher sei die "sehr pointierte Äußerung" des Erdinger Pfarrers ein Grenzfall. 

Unangreifbarer wäre es nach Ansicht des Anwalts gewesen, wenn der Pfarrer auf die Verwendung des Begriffs "Verbrecher" verzichtet hätte. 

"Wenn er etwa gesagt hätte, dass sich Frau Weidel mit ihrer Reaktion auf den Terroranschlag an Migranten versündigt hat, wäre das aus juristischer Sicht völlig unproblematisch gewesen", sagte Otto. Insgesamt sieht der Anwalt in den Worten des Geistlichen aber keine strafbare Äußerung im Sinne einer Volksverhetzung oder einer Beleidigung.

Garmaier hatte in einer Predigt unter anderem den Terroranschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt und die Reaktionen darauf thematisiert. 

Konkret kritisierte der Geistliche, dass AfD-Bundessprecherin Alice Weidel und "viele andere", den Anschlag für ausländerfeindliche Stimmungsmache genutzt hätten. Wörtlich: "So werden sie auf ihre Weise zu Verbrechern. Zu Verbrechern an unserer Gesellschaft." Daraufhin war Garmaier von einem pensionierten Polizisten angezeigt worden.

Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit gehört zu den grundlegenden Menschenrechten. In Deutschland heißt es in Artikel 4 des Grundgesetzes: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich." Die ungestörte Religionsausübung - gleich welcher Konfession - soll ebenfalls gewährleistet sein.

Religionsfreiheit weltweit eingeschränkt / © N.N. (Open Doors)
Religionsfreiheit weltweit eingeschränkt / © N.N. ( Open Doors )
Quelle:
KNA