Papst findet Lösung für Krise in Bistum Frejus-Toulon

Wegen zu lockerer Weihepraxis?

Erneut ein personeller Durchgriff des Papstes, nach den USA jetzt in Frankreich. Bischof Dominique Rey leitet das Bistum Frejus-Toulon künftig nicht mehr allein. Papst Franziskus stellte ihm einen sogenannten Koadjutor zur Seite.

Autor/in:
Alexander Brüggemann und Anita Hirschbeck
Aussicht auf die Kirche St. Christophe im Departement Var / © Maxal Tamor (shutterstock)
Aussicht auf die Kirche St. Christophe im Departement Var / © Maxal Tamor ( shutterstock )

Diese Personalie teilte das vatikanische Presseamt am Dienstag mit. Die Aufgabe des "Helfers im Bischofsamt" übernimmt der bisherige Bischof von Chalons, Francois Touvet (58). Häufig übernimmt der Koadjutor später automatisch das Leitungsamt, wenn der amtierende Bischof ausscheidet.

Der 71-jährige Bischof Rey erklärte über die Website des Bistums, er habe die Ernennung eines Koadjutors selbst angeregt. Dieser solle künftig für die Aufsicht über die Geistlichen, die Verwaltung, die Priesterausbildung und die Begleitung von Orden und geistlichen Gemeinschaften verantwortlich sein.

Zu lockere Weihepraxis für Priesteramtskandidaten

In der südfranzösischen Diözese Frejus-Toulon hatte es bereits zwei vom Papst beauftragte Überprüfungen ("Visitationen") gegeben. Gründe hierfür nannte der Vatikan nicht offiziell; es ging jedoch um eine zu lockere Weihepraxis für Priesteramtskandidaten im Bistum.

Junger französischer Priester / © M G White (shutterstock)
Junger französischer Priester / © M G White ( shutterstock )

Nach der ersten Prüfung im Frühjahr 2022 durch den Erzbischof von Marseille, Kardinal Jean-Marc Aveline, wurden in einem ungewöhnlichen Schritt auf Wunsch des Vatikans alle für Ende Juni geplanten Priesterweihen in Frejus-Toulon ausgesetzt. Französische Medien sprachen damals von möglichen Mängeln in der Ausbildung und der Eignung von Kandidaten. Mehrere Vatikanbehörden forderten demnach eine "Umstrukturierung des Priesterseminars" und eine veränderte "Aufnahmepolitik der Diözese". Auch 2023 fielen die Priesterweihen aus, ebenso wie das Ablegen von Ordensgelübden.

Priesterschmiede im Departement Var

Das Bistum im Departement Var ist seit gut zwei Jahrzehnten eine regelrechte Priesterschmiede mit sehr hohen Weihezahlen; es gilt daher auch als eine "lebendige Quelle der Neuevangelisierung"; eigentlich ein Hauptanliegen der Päpste seit Johannes Paul II. (1978-2005). Dafür nahm Bischof Rey seit seinem Amtsantritt 2000 auch zahlreiche Kandidaten aus dem Ausland auf. In seiner Diözese siedelte er nicht weniger als 20 sogenannte Neue Geistliche Gemeinschaften mit einem sehr breiten spirituellen Spektrum an.

Medienrecherchen zufolge wurden wiederholt dort geweihte Priester als Missbrauchstäter straffällig. Andere setzten sich nach der Weihe aus der Diözese ab und tauchten kirchenrechtlich unter; in zwei Fällen etwa unter die geistliche Obhut eines 1991 untergegangenen Klosters in der Ukraine.

Konservativ, aber aufgeschlossen

Mehrere der in Frejus-Toulon ansässigen Neuen Geistlichen Gemeinschaften rückten ins kirchenrechtliche Zwielicht, meist in Zusammenhang mit sektiererischen Praktiken, geistlichem oder sexuellem Machtmissbrauch durch Gründergestalten oder andere ihrer Geistlichen. Das gilt sowohl auf dem eher charismatischen wie auf dem traditionalistischen Flügel.

Der künftige Koadjutor Touvet wird in französischen Medien als konservativ, aber aufgeschlossen für innovative Konzepte in der Seelsorge beschrieben. Während der Corona-Pandemie machte er Schlagzeilen mit Freiluft-Gottesdiensten, die die Menschen im Auto mitfeiern konnten.

Kirche in Frankreich

Die katholische Kirche in Frankreich zählt zu den traditionsreichsten und geistesgeschichtlich wichtigsten in Europa. Marksteine ihrer reichen Geschichte sind etwa für das christliche Mittelalter die Taufe von Frankenkönig Chlodwig, die Reichskirche Karls des Großen ("Charlemagne"), die großen Ordensbewegungen und das "Zeitalter der Kathedralen"; weiter die Religionskriege des 16./17. Jahrhunderts, die nationalkirchliche Strömung des "Gallikanismus", die Aufklärung und die Französische Revolution. Zu Frankreichs Kulturerbe gehören ungezählte Klöster und Kathedralen von Weltrang.

Französische Fahne / © Rick Hawkins (shutterstock)
Quelle:
KNA