In Magdeburg öffnet ein neues Prämonstratenserkloster

Wichtig für Ort und Orden

Fast 400 Jahre gab es in Magdeburg kein Kloster mehr. Ab diesem Montag wird sich das nun ändern. Dann wird nämlich das neue Prämonstratenserkloster eingeweiht. Wie es dazu gekommen ist, erklärt Pater Philipp Reichling.

In Magdeburg öffnet ein neues Prämonstratenserkloster / © Marcus_Hofmann (shutterstock)
In Magdeburg öffnet ein neues Prämonstratenserkloster / © Marcus_Hofmann ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie eröffnen im Osten Deutschlands ein Kloster. Warum? 

P. Dr. Philipp Reichling OPraem (WDRfoto)
P. Dr. Philipp Reichling OPraem / ( WDRfoto )

Pater Philipp Reichling (Prämonstratenser): Das hat mit der Wiedervereinigung Deutschlands zu tun. 1989 hatten wir eine sehr gute Phase in unserem Konvent. Wir waren relativ viele Mitbrüder, hatten auch Nachwuchs. Wir haben überlegt, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen. Unser damaliger Oberer kam von einer Oberenkonferenz, wo Johann Baptist Metz, der verstorbene Theologe, ein Grundsatzreferat gehalten hat. Er hat gesagt, dass die Orden auf die Herausforderung der Wiedervereinigung für die Kirche, eine Antwort geben müssen.

Dieser Gedanke hat uns angefixt. Daraus entstand die Überlegung, dass wir einen Schritt in den Osten machen. Damals war gerade ein Mitbruder, ein Sozialwissenschaftler, mit seiner Dissertation fertig. Er ist dann rübergegangen, hat die Szene eruiert und gesagt: "Lasst uns nach Magdeburg gehen."

DOMRADIO.DE: Inwiefern tragen Sie zur West-Ost-Verständigung bei?

Reichling: Ein Effekt ist, dass wir inzwischen einige Mitbrüder haben, die über diese Schiene zu uns gekommen sind. Daran merkt man auch einen Austausch. Heute sind drei Mitbrüder in Magdeburg. Sie waren für viele, die nach der Wende in den Osten gegangen sind, wie ein Anker.

Wir haben eine neue Art kirchlichen Lebens entwickelt, weil man gemeinsam in einer neuen Situation war. Und Katholiken, die sich vielleicht im Westen nicht engagiert haben, haben die Kirche als ein Vehikel angenommen, über das sie in die Gesellschaft im Osten hinein gekommen sind. 

DOMRADIO.DE: Die Zahl der Katholikinnen und Katholiken in und um Magdeburg ist eher überschaubar. Für die meisten Menschen dort dürfte ein Kloster eine fremde Parallelwelt sein. Wie wollen Sie die Menschen erreichen?

Pater Philipp Reichling​​​​​​​

"Es gibt Anknüpfungspunkte, aber auf einer anderen Ebene, als wir uns das sonst so fromm vorstellen."

Reichling: Natürlich gibt es Kulturgüter. Es ist bemerkenswert, dass das gerade von politischer Seite wertgeschätzt wird. In dem Dorf gibt es eine Kirche, aber es gibt nur ganz wenige Christen. Aber der vielleicht atheistische Bürgermeister setzt sich dafür ein, dass die Kirche im Dorf bleibt und als kulturelles Zentrum etabliert wird.

Es gibt also Anknüpfungspunkte, aber auf einer anderen Ebene, als wir uns das sonst so fromm vorstellen. Präsent zu sein, zu wirken und etwas aus der eigenen Glaubens- und Religionsgeschichte beizusteuern, das ist unsere Aufgabe. 

DOMRADIO.DE: Wo genau in Magdeburg wird dieses Kloster sein?

Reichling: An sehr prominenter Stelle. Wir sind am Elbufer gelegen, nicht weit von dem ehemaligen Prämonstratenserkloster "Unserer Lieben Frau" und am Magdeburger Dom. 

Pater Philipp Reichling

"Bis heute kann man sehen, dass entlang der alten Reichsgrenzen immer einen Tagesritt entfernt ein Prämonstratenserkloster entstanden ist."

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung hat die Stadt Magdeburg für den Prämonstratenserorden? 

Reichling: Das hängt mit dem Ordensgründer, dem Heiligen Norbert von Xanten am Niederrhein, zusammen. Der wurde im Jahr 1126 Erzbischof von Magdeburg, der Kaiserstadt der Ottonen. Damit wurde auf einmal der Norbert als Gründer der Prämonstratenser ein Erzbischof an entscheidender Stelle.

Er hat dort die Idee der Prämonstratenser mitgebracht und den Orden sozusagen ein zweites Mal gegründet, um von dort aus die Slawenstämme im Osten zu missionieren.

Bis heute kann man sehen, dass entlang der alten Reichsgrenzen immer einen Tagesritt entfernt ein Prämonstratenserkloster entstanden ist. 

Baustelle des Klostergebäudes, das der Prämonstratenserorden in den "Ökumenischen Höfen" errichtet, in Magdeburg / © Gregor Krumpholz (KNA)
Baustelle des Klostergebäudes, das der Prämonstratenserorden in den "Ökumenischen Höfen" errichtet, in Magdeburg / © Gregor Krumpholz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Der Bau dieses Klosters hat sich wegen einer historischen Entdeckung verzögert. Was genau ist gefunden worden? 

Reichling: Man hat ein romanisches Gewölbe gefunden, das Archäologen erst analysieren wollten. Deswegen kam es zu einem Baustopp. Inzwischen haben wir ihre Arbeit in den Bau integriert. Aber das hat zu einer zeitlichen Verzögerung und auch zu einer finanziellen Mehrbelastung geführt. 

DOMRADIO.DE: Gibt es Nachwuchs für dieses Kloster? Gibt es überhaupt Männer, die einziehen? 

Reichling: Wir sind jetzt mit drei Mitbrüdern in Magdeburg. Das ist eine sehr gute Frage. Eigentlich ist es sehr mutig, was wir machen. Denn in Mitteleuropa gibt es kaum noch Berufungen, wenige Leute gehen ins Kloster oder werden Priester. Also wir sind gegen den Trend unterwegs.

Weil Magdeburg für unseren Orden entscheidend ist, haben wir die Idee, dass unser neues Kloster vielleicht ein internationales Zentrum sein kann, in dem Mitbrüder aus anderen Kontinenten zum Beispiel für ein Sabbatjahr mal Station machen können.

Die Idee ist, dass wir uns vor Ort öffnen. Das Projekt heißt "Ökumenische Höfe", weil wir zusammen mit der evangelischen Kirche dort das Christentum präsent halten wollen. 

Das Interview führte Verena Tröster.

Prämonstratenser

Der Prämonstratenser-Orden wurde 1121 im französischen Premontre bei Laon vom heiligen Norbert (1080/85-1134) gegründet. Zuvor dem weltlichen Leben nicht abgeneigt, hatte der adlige Geistliche als Stiftsherr an Sankt Viktor zu Xanten 1115 während eines Gewitters ein Bekehrungserlebnis. Weil er sich bei seinen Mitbrüdern, den Xantener Stiftsherren, mit seinen Forderungen zur geistlichen Umkehr nicht durchsetzen konnte, führte er in der Folge ein Leben als asketischer Buß- und Wanderprediger.

Eine Figur des heiligen Norbert von Xanten in der Kathedrale Sankt Sebastian in Magdeburg / © Dominik Wolf (KNA)
Eine Figur des heiligen Norbert von Xanten in der Kathedrale Sankt Sebastian in Magdeburg / © Dominik Wolf ( KNA )
Quelle:
DR