Patriarch Rai kritisiert UN zu Flüchtlingsfrage

"Libanon kann nicht alles tragen"

Patriarch Rai hat die Haltung von UN-Organisationen zur libanesischen Flüchtlingspolitik kritisiert. "Wir fordern die UN auf, ihre finanzielle Hilfe für die Vertriebenen auf syrischen Territorien und nicht im Libanon zu leisten."

Flüchtlinge im Libanon / © Marwan Naamani (dpa)
Flüchtlinge im Libanon / © Marwan Naamani ( dpa )

Das sagte der Libanese laut dem vom Patriarchat veröffentlichten Predigtmanuskript am Montag bei einer Messe in der maronitischen Josephs-Kathedrale in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Rai nimmt dort an einer bis Dienstag dauernden Konferenz zum Thema Toleranz und Frieden in der arabischen Welt teil.

Libanesischer Patriarch Bechara Rai (Kathpress)
Libanesischer Patriarch Bechara Rai / ( Kathpress )

Eineinhalb Millionen syrische Flüchtlinge im Libanon seien eine extreme wirtschaftliche Belastung, "die der erschöpfte Libanon nicht tragen kann". Ferner seien die Flüchtlinge ein Sicherheitsrisiko für das Land. Konkret warnte der Maronit vor den demografischen Folgen für das auf Religionsproporz basierende politische System im Libanon sowie die kulturelle Identität des Landes.

Keine Politik des Hasses

Entsprechend sei man "schockiert" über die Ablehnung der UN-Einrichtungen gegenüber der libanesischen Entscheidung, syrische Flüchtlinge in "sichere syrische Gebiete zu repatriieren". 

Libanons Politik habe nichts mit Hass zu tun, sondern erfolge auch aus Liebe zu den vertriebenen Geschwistern, "damit sie in Würde in ihrer Heimat leben, ihre Geschichte weiterschreiben und ihre Kultur und Zivilisation bewahren" könnten.

Papst Franziskus empfängt Michel Aoun / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus empfängt Michel Aoun / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

In seiner Predigt begrüßte Rai außerdem die "Beharrlichkeit" des libanesischen Präsidenten Michel Aoun bei den Verhandlungen im Streit um die Seegrenze zu Israel. Gleichzeitig mahnte er erneut eine fristgemäße Wahl eines neuen Präsidenten. 

Die Präsidentenwahl sei eine kollektive Entscheidung, die jedem Bürger das Gefühl gebe, der Gewählte sei sein Präsident. Deshalb habe keine Partei das Recht, einer anderen Partei die Mitsprache bei der Wahl zu verweigern.

Libanon leidet unter Wirtschaftskrise

Die Amtszeit Aouns läuft am 31. Oktober aus. Eine Einigung auf einen Kandidaten konnte bisher nicht erzielt werden. Nach zwei wegen fehlendem Quorum vertagten Wahlsitzungen soll das Parlament am Donnerstag erneut zusammentreten.

 

Nach dem festgelegten Religionsproporz muss der libanesische Staatspräsident maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident Sunnit und der Parlamentspräsident Schiit.

Der Libanon leidet derzeit unter einer enormen Wirtschaftskrise. Lebensmittel-, Energie- und Wasserpreise sind von den Familien kaum noch zu verkraften. Der Wertverlust der libanesischen Währung und seine Auswirkungen haben bislang laut Berichten knapp 80 Prozent der libanesischen Bevölkerung unter die Armutsgrenze gebracht. Zudem ist die medizinische Versorgung mangelhaft.

Libanon

Der Libanon ist geprägt durch das Nebeneinander zahlreicher Religionen. Mit etwa 30 Prozent hat die parlamentarische Demokratie den größten Anteil Christen in der Arabischen Welt. Die Muslime - Sunniten und Schiiten - machen inzwischen wohl mehr als 60 Prozent aus. Offiziell anerkannt sind 18 Religionsgemeinschaften, darunter die Minderheiten der Drusen und Alaviten.

Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva (shutterstock)
Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva ( shutterstock )
Quelle:
KNA