Misereor warnt vor Dürre und Wüstenbildung

"Der Wüste wieder Boden abgewinnen"

40 Prozent der Erdoberfläche drohen zu Wüsten zu werden. Am Welttag für die Bekämpfung von Wüstenbildung und Dürre macht das Hilfswerk Misereor darauf aufmerksam. Ein Experte erklärt, wie Landwirtschaft trotzdem funktionieren kann.

40 Prozent der Erdoberfläche sind von Wüstenbildung bedroht / © Piyaset (shutterstock)
40 Prozent der Erdoberfläche sind von Wüstenbildung bedroht / © Piyaset ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie kommt denn so eine Wüstenbildung zustande?

Markus Wolter (Experte für Landwirtschaft und Welternährung beim katholischen Hilfswerk Misereor): Die kommt durch drei Faktoren zustande - durch langanhaltende Dürren, durch starke Regenfälle und durch Staubstürme. 

DOMRADIO.DE: Und warum ist das dann am Ende eine Gefahr? 

Wolter: Weil fruchtbarer Boden nicht mehr beackert werden kann oder nicht mehr als Weide dienen kann und damit Flächen verloren gehen für die Nutzung zur Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. 

Markus Wolter, katholisches Hilfswerk Misereor

"Das, was zu Wüstenbildung führt, ist der Klimawandel, die Erderhitzung. Dagegen kann jeder von uns etwas tun, sprich: weniger Fliegen, weniger Autofahren, weniger Fleisch."

DOMRADIO.DE: Sie haben schon viele Wüsten gesehen, kommen auch jetzt erst zurück von einer Dienstreise in Ägypten. Sie haben sich kreative Lösungen angeschaut, wie trotzdem in einer Wüstenregionen Landwirtschaft funktionieren kann. Wie denn?

Wolter: Es geht durch geschicktes Ackerbauen, durch geschickten Aufbau von sogenannter organischer Masse, das nennt man Humus. Diesen Humus kann man auch in einem Wüstenboden wieder aufbauen. Wenn man dort Kompostwirtschaft macht, wenn man lange Fruchtfolgen - das heißt ganz vielfältige Dinge - anbaut, wenn man Tiere mit hinzu nimmt und wenn man durch Bäume Schutzwälle gegen die Staubstürme aufbaut, kann man tatsächlich aus der Wüste wieder einen grünen Ort machen. 

DOMRADIO.DE: Aber man braucht natürlich auch künstliche Bewässerung. 

Bischöfliches Hilfswerk Misereor

Misereor ist das weltweit größte kirchliche Entwicklungshilfswerk. Es wurde 1958 von den katholischen Bischöfen in Deutschland auf Vorschlag des damaligen Kölner Kardinals Josef Frings als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet.

Der Name bezieht sich auf das im Markus-Evangelium überlieferte Jesuswort "Misereor super turbam" (Ich erbarme mich des Volkes). Sitz des Hilfswerks ist Aachen.

Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Wolter: Man braucht künstliche Bewässerung. Ich war jetzt dort an zwei Standorten - einer hatte noch Zugang zu Nilwasser, ein anderer liegt wirklich mitten in der Wüste. Das ist eine reine Oase gewesen. Dort gibt es dann Grundwasser, das man nutzen kann. Aber damit gilt es eben, besonders sparsam und besonders gut umzugehen. Und dann kann man da wirklich tolle Sachen machen und der Wüste wieder Boden abgewinnen. 

DOMRADIO.DE: Heute ist der Tag der Bekämpfung von Wüstenbildung und Dürre. Wie kann verhindert werden, dass sich Wüsten ausbreiten und wie kann vielleicht auch jeder Einzelne helfen? 

Wolter: Einmal durch die Aktivitäten, die ich beschrieben habe: Also Bauern vor Ort müssen etwas tun. Da geht es wirklich darum, immer den Boden bedeckt zu behalten, so weit wie möglich. Da geht es auch um Landrechte. Das heißt, habe ich Zugang zu Boden? Und wenn ich Landrechte und Zugang zu Boden habe, dann kümmere ich mich auch um meinen Boden. Durch guten Ackerbau, Vielfalt, Anbau von Hülsenfrüchten, Kompostherstellung geht schon eine ganze Menge.

Und wir alle können auch eine ganze Menge tun: Das, was zu Wüstenbildung führt, ist der Klimawandel, die Erderhitzung. Dagegen kann jeder von uns etwas tun, sprich: weniger Fliegen, weniger Autofahren, weniger Fleisch. Damit ist den Menschen dort schon eine ganze Menge geholfen, denn das Wetter wird dort immer extremer. Als ich dort war, waren es 45 Grad. Normalerweise hat man Ende Mai/Anfang Juni dort nicht über 40 Grad. Das heißt, der Klimawandel ist auch in Ägypten angekommen. 

DOMRADIO.DE: Auch bei uns in Deutschland hören wir häufiger von Dürren, vor allem in Ostdeutschland. Müssen wir uns Sorgen auch um die deutsche Landwirtschaft machen? 

Wolter: Ja, das müssen wir. Wir laufen hinein in eine Versteppung großer Teile gerade Ostdeutschlands, vor allem Mecklenburg-Vorpommerns, aber eben auch Brandenburgs, Teile Sachsens und Thüringens. Wir sind mittlerweile jetzt im fünften Jahr einer Dürre - zu wenig Wasser, obwohl wir vielleicht manchmal den Eindruck haben - gerade hier in NRW - es regnet doch genug. Aber das ist leider überhaupt nicht der Fall. In den Extrem-Dürrejahren 2018 bis 2020 hat der Regen nicht ausgereicht. Und in Ostdeutschland ist es sogar noch viel extremer.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
KNA