Bethlehem feiert erneut Weihnachten ohne ausländische Gäste

Längst noch nicht wieder wie "alle Jahre"

Der Lateinische Patriarchen von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa hat in Bethlehem Weihnachten gefeiert. Doch Corona brachte auch in diesem Jahr Einschränkungen mit sich. Hatte die Volksfest-Stimmung trotzdem eine Chance?

Erzbischof Pizzaballa feiert Weihnachten 2021 in Bethlehem / © Andrea Krogmann (KNA)
Erzbischof Pizzaballa feiert Weihnachten 2021 in Bethlehem / © Andrea Krogmann ( KNA )

25 Pfadfindergruppen mit Trommeln, Dudelsäcken und diversen anderen Blasinstrumenten drängten sich am Freitagmorgen am Anfang der "Star Street" zur Bethlehemer Altstadt. In die wartende und feiernde Menge mischte sich ein gutgelaunter Erzbischof Pierbattista Pizzaballa. Während die Kinder und Jugendlichen mit manch schräger Note defilierten, schüttelte der Lateinische Patriarch von Jerusalem unzählige Hände, segnete Kinder und lächelte zum Erinnerungsfoto in zahllose Handykameras. Erst mit einer guten Stunde Verspätung zum traditionellen Zeitplan setzte sich der Zug um Pizzaballa in Richtung Krippenplatz in Bewegung.

Ein wenig davon machte der hochgewachsene Italiener durch seinen zügigen langen Schritt wieder wett. Statt wie sonst als Schlusslicht hinter den Pfadfindern, schritt Pizzaballa diesmal durch ein Spalier bunter Uniformen - die auf diese Weise gleichzeitig die Lücke schlossen, die das Ausbleiben der sonst Tausenden Pilger und Besucher aus aller Welt hinterließ. Wie schon im Vorjahr blieben sie weitgehend unter sich: der Patriarch, die einheimischen Christen und zahlreiche palästinensische Muslime, die zum Weihnachten-Feiern in die Geburtsstadt gekommen waren. Die ein oder andere enttäuschte Stimme war zu hören, dass es nicht mehr Besucher waren; doch es überwog die Freude, dass das Feiern in diesem Jahr wieder möglich war.

Ein traditioneller Gast fehlte

Der ranghöchste palästinensische Gast hingegen fehlte unterdessen in diesem Jahr. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas, der es sich sonst nicht nehmen lässt, der Mitternachtsmesse in der Katharinenkirche beizuwohnen, ließ sich durch Ministerpräsident Mohammed Schtajjeh vertreten - Stimmen zufolge als Schutz vor einer Corona-Ansteckung. Seit Beginn der Pandemie meidet der 86-Jährige größere Veranstaltungen.

Platz gab es dafür in diesem Jahr für jene, die in "normalen" Jahren ob der großen Zahl ausländischer Besucher oft das Nachsehen haben. Wurde die Mitternachtsmesse 2020 noch mit pandemiebedingten größeren Einschränkungen gefeiert, wurden in diesem Jahr alle Pfarreien im Heiligen Land besonders zum Mitfeiern eingeladen. Alle 1.500 Einlasskarten seien verteilt worden, hieß es aus der Franziskanerkustodie vor dem Fest.

Über eine Gruppe von Mitfeiernden freute man sich in Bethlehem besonders: Christen aus der kleinen katholischen Pfarrei in Gaza-Stadt. Insgesamt 500 Ausreisegenehmigungen für Christen verschiedener Konfessionen hatte die zuständige israelische Behörde Cogat im Vorfeld angekündigt.

Patriarch Pizzaballa predigt hoffnungsvoll

"Freudiger als im vergangenen Jahr" falle das diesjährige Weihnachtsfest aus und mit viel größerer Beteiligung, sagte der Lateinische Patriarchen von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa. Die größere Beteiligung sei ein ermutigendes Zeichen. In seiner Weihnachtspredigt schlug der Italiener einen ähnlichen Ton an wie Papst Franziskus in seiner auf Zypern aufgezeichneten Weihnachtsbotschaft an die Jugend im Heiligen Land: Wer auf die Hoffnung und auf die Zukunft setze, werde nicht enttäuscht werden, hatte dieser gemahnt.

Die Vertrauenskrise vor allem zwischen Arabern und Juden in Israel ist nach Worten Pizzaballas eine Ermahnung daran, dass das friedliche Zusammenleben aktiv gefördert werden müsse. Es gehe darum, "das Vertrauen unter uns wiederherzustellen, das Vertrauen in die Zukunft, unsere und die unserer Kinder, das Vertrauen in die Möglichkeit einer Veränderung zum Besseren, sowohl im zivilen Leben als auch in der Kirche", sagte das Oberhaupt der lateinischen Katholiken im Heiligen Land in seiner Predigt in der Mitternachtsmesse in der Katharinenkirche in Bethlehem.

Glaube und Hoffnung seien untrennbar verbunden und bedingten einander, hieß es vom Patriarchen. Der sonnige Wintertag mit romantischem Sonnenuntergang, der sich aus dem morgendlichen Regengrau entwickelt hatte, schien die Hoffnungskomponente zu unterstreichen. Der italienische Franziskaner rief dazu auf, aktiv eine "Zukunft des Guten" aufzubauen. Sich darauf zu beschränken, das Böse anzuprangern, wäre "ein Mangel an Glauben". In einem "Babylon von Ankündigungen, Deklarationen und modernen Prophezeiungen, die uns über die vielen Medien erreichen", gelte es, jene Stimmen zu finden, die zu Jesus und zum Heil führten.

Die Lage im Heiligen Land bleibe besorgniserregend

Ein positives Beispiel für ein Land, das sich "in diesen Zeiten des politischen und religiösen Sektierertums" nicht vor religiösem und politischem Dialog scheue, sei Jordanien. So ging Pizzaballa ausführlichauf die Lage in Israel und Palästina ein und forderte in einem besonderen Weihnachtswunsch ein Ende der jahrelangen Besatzung und Gewalt.

Zu "besorgniserregenden Stimmen der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft" in Israel komme die ohrenbetäubende "Stimme des Schmerzes" der Palästinenser; einem Volk, "das Gerechtigkeit erfahren muss, das Freiheit erfahren will, das es leid ist, darauf zu warten, frei und in Würde in seinem eigenen Land und in seinem eigenen Haus leben zu dürfen; das nicht nur mit den Genehmigungen leben will, die jetzt notwendig sind, um einzureisen, auszureisen, zu arbeiten oder anderes".

Gleichzeitig fehlten im zweiten Pandemiejahr in Folge erneut die Pilger, die üblicherweise die Stadt füllten und vielen Familien den Lebensunterhalt sicherten. Pizzaballa äußerte die Hoffnung, "mit einer gemeinsamen Aktion von Politik, Kirche und Reiseveranstaltern, lokal und international, sichere Wege" gefunden werden könnten, um das Pilgerwesen trotz der Pandemie wieder aufzunehmen. Es müssten trotz Pandemie sichere Wege für eine Rückkehr der Pilger ermöglicht werden. Dann erst werden die vielen Familien in der Geburtsstadt aufatmen können, wenn auch Weihnachten wieder wie "alle Jahre" in Bethlehem gefeiert werden können: als Volksfest von Pilgern und Einheimischen, bis auf den letzten Platz an der Krippe ausgebucht.

Andrea Krogmann und weiteres Agenturmaterial


Quelle:
KNA