Seliggesprochener Marcel Callo wurde vor 100 Jahren geboren

Als "Missionar" in die Zwangsarbeit

Marcel Callo war den Nazis "viel zu katholisch". Seine Gefängniszelle nannten sie "die Kirche" wegen der Gottesdienste, die der 1945 im KZ gestorbene Zwangsarbeiter dort feierte. Vor 100 Jahren wurde er geboren.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
Marcel Callo (KNA)
Marcel Callo / ( KNA )

Berührungsangst war für Marcel Callo offenbar ein Fremdwort. Ob zwischen Kirche und Arbeiterschaft oder Deutschen und ihren Kriegsgegnern: Abgründe, die anderen unüberbrückbar schienen, waren für den jungen Franzosen nur ein Ansporn, sie zu überwinden.

Als Zwangsarbeiter im nationalsozialistischen Deutschen Reich musste er vor 76 Jahren im Konzentrationslager Mauthausen für seinen Mut mit dem Leben bezahlen. Papst Johannes Paul II. sprach Callo, der am 19. März 1945 starb, 1987 selig und erhob ihn damit zum Glaubensvorbild.

Ministrant und Pfadfinder

Callo wurde vor 100 Jahren, am 6. Dezember 1921, als zweitältestes von neun Kindern einer Arbeiterfamilie in Rennes in der Bretagne geboren. Für den Glauben begeisterte er sich schon früh als Ministrant und Pfadfinder. Als er mit 13 Jahren eine Buchdruckerlehre begann, schloss er sich der Christlichen Arbeiterjugend an. Callo holte Jugendliche von der Straße, spielte mit ihnen Theater und organisierte Sportveranstaltungen. Anders als einer seiner Brüder fühlte sich der junge Arbeiter aber nicht zum Priester berufen. Er war überzeugt, seinen Glauben als Laie besser leben zu können.

Nach der Besetzung Nordfrankreichs durch deutsche Truppen im Jahr 1940 half Callo mit anderen aus der katholischen Jugend Landsleuten zur Flucht in die noch unbesetzte Zone des Landes, um sie vor der Zwangsarbeit in der deutschen Rüstungsindustrie zu bewahren. Im März 1943 stand auch er selbst vor der Entscheidung unterzutauchen. Doch Callo, der sich inzwischen verlobt hatte, entschied sich, dem Befehl zum Arbeitseinsatz zu folgen. "Um den anderen dort zu helfen durchzuhalten", wie er sagte.

Seine Absicht, "als Missionar zu gehen", setzte er bald schon in die Tat um. Nach der Arbeit in einer Waffenfabrik in Zella-Mehlis in Thüringen, wo er Pistolen montieren musste, gründete er mit anderen jungen Zwangsarbeitern Sport- und Theatergruppen und feierte mit ihnen Gottesdienste.

Gottesdienstfeiern mit anderen Häftlingen

Der junge Zwangsarbeiter lernte auch die Sprache des "Erbfeinds", um zusammen mit seinen deutschen Freunden singen und beten zu können, und nahm so die deutsch-französische Versöhnung nach dem Krieg vorweg. Den NS-Behörden war dies alles jedoch "viel zu katholisch", wie ein Mitarbeiter der Geheimen Staatspolizei sagte, als diese Callo im April 1944 verhaftete und in das Gefängnis von Gotha einwies. Doch er blieb sich weiter treu: Aufseher nannten seine Zelle "die Kirche", weil Callo dort häufig mit anderen Häftlingen Gottesdienst feierte.

Im Oktober 1944 wurde der Franzose über das KZ Flossenbürg in Bayern nach Österreich in das Lager Mauthausen/Gusen II verlegt, wo nach den NS-Kategorien "schwer belastete, unverbesserliche, kaum noch erziehbare Schutzhäftlinge" festgehalten wurden. Nach Misshandlungen starb Callo dort an Tuberkulose und Ruhr.

Vor 34 Jahren sprach Papst Johannes Paul II. ihn als "Märtyrer der Arbeiterjugend" selig. Nach Callo sind heute katholische Jugendhäuser in Dortmund und Heiligenstadt, aber auch Pfadfinderstämme, Schulen, Plätze, Straßen und Kirchen benannt. Sein Gedenktag ist der 19. April, der Tag, an dem er 1944 ins Gefängnis kam.


Quelle:
KNA