Passionsspiel-Regisseur Stückl mit Abraham-Geiger-Preis geehrt

"Weg von christlichem Judenhass"

Der Regisseur Christian Stückl ist in München mit dem Abraham-Geiger-Preis 2020 geehrt worden. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung erhielt er für seine Inszenierungen der international bekannten Oberammergauer Passionsspiele.

Passionsspiele in Oberammergau / © Andreas Stückl (dpa)
Passionsspiele in Oberammergau / © Andreas Stückl ( dpa )

Für diese war Stückl 1990, 2000 und 2010 verantwortlich und ist es auch wieder 2022. Das Spiel vom Leiden und Sterben Jesu geht auf ein Gelübde von 1633 zurück. Damals gelobten die Oberammergauer, es in jedem zehnten Jahr aufzuführen, sofern niemand mehr an der Pest sterben sollte.

Stückl sei es gelungen, "weg von christlichem Judenhass hin zu einer ausgewogenen Darstellung innerjüdischer Konflikte" zu kommen, hieß es in der Begründung des an der Universität Potsdam angesiedelten Rabbiner-Seminars Abraham-Geiger-Kolleg. Stückl habe einer wichtigen Botschaft Gewicht verliehen: "Dass wir in unserem Land gegen Rassismus und Antisemitismus eintreten müssen, um eine pluralistische Gesellschaft zu sichern."

Das Jüdische in der Passion zeigen

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, würdigte Stückl in ihrer Laudatio als einen "emphatischen, verständigen und klugen Mann", der mit offenen Augen und einem wachen Geist gesegnet sei. Bei den Passionsspielen sei es ihm gelungen, die Historie mitzudenken, der Tradition mit der nötigen Ehrerbietung zu begegnen, die Würde des Stückes zu wahren und trotzdem einen Modus zu finden, der die Passion in die Realität "unseres Landes" einpasse.

Knobloch sagte: "Es gelang Ihnen, das Jüdische in der Passion zu zeigen - ohne Vorurteile, ohne Dämonisierung, ohne antisemitische Untertöne." Gezeigt werde das "Judentum in seiner Vielfalt". Der Preis sei deshalb ein verdienter Lohn.

Über die Auszeichnung

Die Auszeichnung ist benannt nach dem Vordenker des liberalen Judentums, Abraham Geiger (1810-1874). Sie würdigt "Persönlichkeiten, die sich um den Pluralismus verdient gemacht haben und sich für Offenheit, Mut, Toleranz und Gedankenfreiheit einsetzen". Unter den Preisträgern sind Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der frühere Mainzer Kardinal Karl Lehmann.

Stückl wurde 1961 in Oberammergau geboren. Er inszenierte etwa auch bei den Münchner Kammerspielen und den Salzburger Festspielen. Für seine Arbeit wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem 2014 mit dem Theaterpreis der Landeshauptstadt München.

Christian Stückl

Regisseur Christian Stückl, geboren 1961 in Oberammergau, wird auch im Jahr 2030 die weltberühmten Passionsspiele seiner Heimatstadt auf die Bühne bringen. Es wird die fünfte Passion des heute 62-Jährigen, der 1987 als damals jüngster Spielleiter diese Aufgabe übernommen hatte. 

Die Passionsspiele gehen auf ein Pestgelübde aus dem Jahr 1633 zurück. Damals versprachen die Oberammergauer, alle zehn Jahre das Leiden, Sterben und die Auferstehung Christi aufzuführen, wenn niemand mehr erkranke - was der Legende nach auch geschah. 

Christian Stückl, Spielleiter der Passionsspiele Oberammergau / © Dieter Mayr (KNA)
Christian Stückl, Spielleiter der Passionsspiele Oberammergau / © Dieter Mayr ( KNA )
Quelle:
KNA