Zehn Jahre Dokumentationsstätte "Topographie des Terrors"

Wo die Zentralen von SS und Gestapo ihren Sitz hatten

Die Massenverbrechen der Nationalsozialisten wurden von Berlin aus gesteuert. Am Ort ihrer Zentrale bilanziert die Dokumentationsstätte "Topographie des Terrors" die Untaten - vor zehn Jahren wurde sie eröffnet.

Autor/in:
Gregor Krumpholz und Nina Schmedding
Sonderausstellung im Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" / © Monika Skolimowska (dpa)
Sonderausstellung im Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" / © Monika Skolimowska ( dpa )

Seit langem ist die Berliner "Topographie des Terrors" ein Besuchermagnet. Über 1,3 Millionen Menschen kommen jährlich, um die Dokumentationsstätte auf dem Gelände der früheren Terrorzentrale der Nationalsozialisten zu besichtigen. Vor zehn Jahren wurde der Bau in Berlin-Kreuzberg eröffnet. Die Idee zum Projekt entstand erstmals in den 1980er Jahren.

Auf dem Areal des ehemaligen Prinz-Albrecht-Palais befanden sich von 1933 bis 1945 die Zentralen unter anderem von SS und Gestapo. Von hier aus überzogen die "Terroragenturen", wie der langjährige Direktor Andreas Nachama sie nannte, nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa mit Angst und Schrecken.

Bildungsarbeit leisten

"Das ist auch der Grund dafür, dass zwei Drittel unserer jährlichen Besucher aus dem Ausland kommen", sagt Nachfolgerin Andrea Riedle, die die Einrichtung seit Anfang des Jahres leitet. "Viele interessiert besonders, was sich die Täter bei der Planung ihrer Verbrechen dachten, was ihre Beweggründe waren und wie die Organisation der Verbrechen funktionierte." Hier Bildungsarbeit zu leisten, sei gerade in Zeiten, in denen Antisemitismus und Rassismus wiedererstarkten, von großer Bedeutung. Eindeutig rechtsextreme Besucher, die sich bei einer Führung als solche zu erkennen geben, gebe es aber eher wenig. Das bedeutet aber umgekehrt nicht, dass diese nicht existierten.

In Berlin ist kaum ein anderer Ort so mit dem NS-Regime verbunden und hatte nach dessen Ende eine derart wechselvolle Geschichte. Das Topographie-Gelände liegt im Stadtzentrum, nur wenige Hundert Meter südlich des Hochhaus-Ensembles am Potsdamer Platz. Gegenüber dem Bundesfinanzministerium, dem früheren NS-Luftfahrtministerium, befanden sich Zentralstellen von SS, Gestapo und weiteren Organisationen des Regimes. In den Kellergefängniszellen, wurden mehr als 15.000 überwiegend politische Häftlinge verhört und gefoltert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die teilweise noch erhaltenen Bauten abgerissen, das Areal planiert und später einer Bauschuttverwertungsfirma überlassen worden. "In den 50er Jahren wollte man nicht an die Vergangenheit erinnert werden", so Historikerin Riedle. Auch die Berliner Mauer unmittelbar am Rande des Geländes trug dazu bei, dass dessen Geschichte immer mehr verdrängt werden konnte. "Historisch betrachtet war an dieser Stelle zwar immer noch das Zentrum der Stadt, aber während die Mauer stand, war hier Peripherie", erklärt Riedle.

Senat ruft Wettbewerb aus

Der erste Anlauf für ein Dokumentationszentrum vonseiten des Senats kam Anfang der 1980er-Jahre, nachdem eine Bürgerinitiative die Geschichte des Ortes wieder in Erinnerung gerufen hatte. Die Landesregierung lobte einen Wettbewerb zur Gestaltung des Geländes aus, der prämierte Entwurf wurde aber nicht verwirklicht. An seiner Stelle entstand 1987 im Rahmen der 750-Jahr-Feier Berlins eine provisorische Ausstellungshalle mit Informationen zu den freigelegten Gebäuderesten.

Rund zehn Jahre später startete der Senat einen neuen Wettbewerb. Prämiert wurde das ambitionierte Konzept des Schweizer Architekten Peter Zumthor. Nachdem der Kostenrahmen von damals 38 Millionen Euro nicht einzuhalten war, wurde der schon begonnene Bau abgerissen. Ein weiterer Anlauf wurde genommen und neuer Bauherr auf Bitten des Landes Berlins der Bund.

Nach dem Entwurf der Berliner Architektin Ursula Wilms aus dem Büro Heinle, Wischer und Partner entstand ein kubischer Bau, der rund 20 Millionen Euro kostete und die historische Stätte bewusst nicht dominiert. Der Graben entlang der erhaltenen Kellermauern wurde als Bereich für Freiluftausstellungen beibehalten und mit Glas überdacht.

Der Dauerausstellungsraum umfasst 800 Quadratmeter. Hier kann sich der Besucher über die Entwicklung und Funktionsweise der Sicherheitsapparate im NS-Regime informieren.

In Zukunft möchte Direktorin Riedle - neben dem Ausbau des digitalen Angebots - vor allem die historischen Überreste des Geländes mehr in die Ausstellung miteinbeziehen. "Ich will die Besucher stärker auf Spurensuche durchs Gelände schicken", sagt sie. Davon erhoffe sie sich auch eine Entlastung vom täglichen Besucheransturm. "Teilweise stehen die Leute hier schon sehr dicht." Außerdem falle einigen Besuchern die räumliche Orientierung auf dem weitläufigen Gelände schwer, so Riedle. "Um das räumliche Vorstellungsvermögen zu unterstützen, wie das hier früher ausgesehen und wie die Organisation der Verbrechen funktioniert hat, möchten wir gerne mehr Modelle anbieten - digitale und welche zum Anfassen."


Erinnerungsstätte "Topographie des Terrors" / © Paul Zinken (dpa)
Erinnerungsstätte "Topographie des Terrors" / © Paul Zinken ( dpa )

Kranzniederlegung auf dem Gelände "Topographie des Terrors" in Berlin / © Christoph Soeder (dpa)
Kranzniederlegung auf dem Gelände "Topographie des Terrors" in Berlin / © Christoph Soeder ( dpa )
Quelle:
KNA