Theologe sieht Christentum außerhalb Europas im Aufbruch

"Neue Christenheit auf der südlichen Halbkugel"

Der evangelische Theologe Jürgen Moltmann sieht das Christentum außerhalb Europas im Aufbruch. "Auf der südlichen Halbkugel entsteht eine neue Christenheit", sagte er der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt".

Aufbruch und Glaubensfest (dpa)
Aufbruch und Glaubensfest / ( dpa )

"Das sind Kirchen, die nie Staatskirche waren oder christliche Nationalreligionen. Das sind Kirchen, die Minderheiten darstellen in buddhistischen oder schintoistischen Ländern, islamischen oder sozialistischen Ländern", sagte der evangelische Theologe Jürgen Moltmann gegenüber der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (Donnerstag).

"Genug kluge Köpfe, die predigen können"

Was dort geschehe, eröffne zum Beispiel einen neuen Blick auf den Gemeindebegriff und die Verfasstheit von Kirchen in der westlichen Welt, sagte der 92-Jährige, der zu den bedeutendsten deutschen Theologen der Nachkriegszeit gehört. "In China laden Hauskirchen ein und wachsen, hier gehören Sie zu einem Kirchenbezirk, auch wenn Sie nie in die Gemeinde gehen."

Allerdings gebe es auch in Deutschland lebendige Gemeinden, betonte Moltmann. Die Gemeinde dieses Typs regle ihre Sachen in Eigenregie. "Sie feiert und gestaltet den Gottesdienst selbst, wenn sie keinen Pfarrer hat. Und die Ehrenamtlichen - ich liebe diesen Ausdruck nicht, weil er am Amt orientiert ist - machen ihren Gottesdienst selbst. Da gibt es genug kluge Leute, die können die Predigt halten und die Bibel auslegen."

Zu viele Angstmacher unterwegs

Weiter sagte der Theologe, lange seien die Kirchen in weiten Teilen der westlichen Welt Staatskirchen gewesen - "wovon ich als Pensionär natürlich profitiere". Moltmann: "Aber diese Privilegien wird die Kirche verlieren." Mit Blick auf einen möglichen gesellschaftlichen und innerkirchlichen Wandel beklagte der emeritierte Professor für Systematische Theologie an der Universität Tübingen, in Deutschland seien zu viele "Angstmacher" unterwegs. "Die Hoffnung ist kleinlaut geworden in Deutschland." Gleichwohl setze er auf "eine neue Aufbruchsbewegung in der Kirche". Hier sei die junge Generation gefragt.

Er selbst, so Moltmann, komme aus der Aufbruchsbewegung der Sechziger- und Siebzigerjahre. "Wir hatten das Zweite Vatikanum in der katholischen Kirche und die Bürgerrechtsbewegung mit Martin Luther Kings 'I have a dream'. Wir stritten über Säkularisierung, um Entmythologisierung und feministische und Befreiungstheologie."


Quelle:
KNA