1978 wurde gleich mehrmals ein Papst gewählt

Das Drei-Päpste-Jahr

Zweimal richteten sich die Augen der Welt 1978 auf den Vatikan. Das Drei-Päpste-Jahr traf die katholische Kirche inmitten eines tiefen Umbruchs. Und es endete mit einer Sensation.

Papst Johannes Paul II. bei seiner Amsteinführung / © N.N. (KNA)
Papst Johannes Paul II. bei seiner Amsteinführung / © N.N. ( KNA )

Die Nachricht versetzte die katholische Welt in Schockstarre an diesem 29. September 1978: Nach nur 33 Tagen im Amt war in der Nacht Papst Johannes Paul I. völlig überraschend gestorben. Der Nachfolger von Paul VI. (1963-1978) hatte mit seiner freundlich-bescheidenen Art, seiner volkstümlichen Sprache und dem warmen Lächeln schnell viele Sympathien gewonnen.

Nach nur 33 Tagen ein erneutes Konklave

Nun mussten die Kardinäle erneut zum Konklave nach Rom. 1978 würde ein Drei-Päpste-Jahr werden – mehr als ein Dutzend davon kennt die lange Kirchengeschichte; aber nicht oft waren die Zeiten so voller Umbrüche, die Herausforderungen an das oberste Amt so groß gewesen.

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hatte die Kirche für den Dialog mit der modernen Welt und anderen Religionen geöffnet, aber auch Gräben zwischen Reformern und Bewahrern aufgerissen. Paul VI. stand vor der Aufgabe, zwischen den Lagern zu vermitteln und die Einheit der Kirche zu erhalten. Dabei war er gleichzeitig der Motor der Reform. Kirche und Papstamt erhielten unter seiner Regierung ein anderes Gesicht – symbolisch verzichtete er nach der Wahl auf die Tiara, die Papstkrone.

Paul VI. betrat das diplomatische Parkett der Welt

Als erster Papst der Neuzeit ging er auf Reisen. Er schaffte den "Antimodernisteneid" für Priester ab, pochte aber mit der Enzyklika "Humanae vitae" 1968 auch auf die Gültigkeit der traditionellen katholischen Lehre. Vom Schreiben über die Würde des menschlichen Lebens wurde fast nur das Nein zu künstlichen Verhütungsmitteln grell beleuchtet.

Diplomatisches Neuland betrat er mit der vorsichtigen Kontaktaufnahme Richtung Ostblock, um die Lage der Kirchen hinter dem Eisernen Vorhang zu verbessern. Auch damit stieß er bei Kritikern auf Vorbehalte. Schließlich verließen den 80-Jährigen am 6. August 1978 die Kräfte.

Ein weltoffener Papst war gefragt

111 Kardinäle versammelten sich darauf zum Konklave, unter den 56 Europäern auch fünf Deutsche. Vieles, was damals gefordert wurde, erinnert an die Wahl von Papst Franziskus 35 Jahre später: Das neue Kirchenoberhaupt müsse ein Mann der Versöhnung sein, ein Papst der Armen und Unterdrückten, hieß es. Er sollte weltoffen sein, bei allem Respekt für die Tradition. Er sollte persönliches Charisma besitzen und einen kollegialen Führungsstil pflegen.

Nach nur vier Wahlgängen hatten die Kardinäle diesen Mann gefunden: Albino Luciani, Patriarch von Venedig, konzilsorientiert und als Johannes Paul I. der erste Papst, der einen Doppelnamen wählte, mit dem er an seine beiden Vorgänger erinnerte. "Möge Gott euch diese Tat verzeihen", tadelte er seine Wähler in der Sixtinischen Kapelle. Nur wenige Kardinäle dürften gewusst haben, dass der 65-Jährige ein chronisches Herzleiden hatte.

Johannes Paul I. punktete mit Bescheidenheit

Der "lächelnde Papst", der so anders erschien als der kühl wirkende Intellektuelle Paul VI., eroberte in den kommenden Wochen die Herzen der Gläubigen: mit ungestelzten Ansprachen, die jeder verstand, aber auch durch seine bescheidenen Gesten. So schaffte er die päpstliche Sänfte, die "sedia gestatoria", ab und sprach von sich nicht mehr im majestätischen "Wir".

Doch der gütige Seelsorger schien vom komplizierten Apparat der Kurie überfordert – und allein gelassen. Noch dazu in Zeiten tiefgreifenden Wandels. Die Wahl eines Herzkranken zum Kirchenoberhaupt in einer solchen Phase kam – wie der amerikanische Papstbiograf George Weigl später schrieb – einem Todesurteil gleich. Es bedurfte keiner Verschwörung, keines Giftmordes – wie später immer wieder behauptet und widerlegt –, um das Pontifikat Johannes Pauls I. nach 33 Tagen zu beenden.

Erstmals sitzt ein Pole auf dem Stuhl Petri

Der Schock darüber prägte das folgende Konklave. Mehr denn je ging es den Kardinälen nun darum, einen gesundheitlich robusten Mann an die Kirchenspitze zu setzen. Und jemanden, der den Verwaltungsapparat und dessen machtbewusste Kardinäle im Griff haben würde. Schon bei der vorigen Wahl hatte der erst 58-jährige Krakauer Bischof Karol Wojtyla einige Achtungsstimmen erhalten. Der agile Pole war vielen Kardinälen durch seine Mitarbeit am Konzilsdokument "Gaudium et spes" über die Kirche in der modernen Welt bekannt. Während das konzilskritische Lager auf den erzkonservativen Genuesen Giuseppe Siri setzte, brachte der Wiener Kardinal Franz König ihn erneut ins Spiel.

Am Abend des 16. Oktober soll Wojtyla im achten Wahlgang 99 Stimmen bekommen haben – und wurde als Johannes Paul II. der erste nichtitalienische Papst seit 455 Jahren. Mit ihm begann das zweitlängste Pontifikat der Kirchengeschichte. In diesen gut 26 Jahren wurde der erste Pole auf dem Papstthron zu einer prägenden Figur der Weltpolitik – oft als konservativer Hardliner kritisiert, aber auch verehrt als Sieger über den Kommunismus.


Papst Johannes Paul I. / © N.N. (KNA)
Papst Johannes Paul I. / © N.N. ( KNA )

Papst Paul VI. (dpa)
Papst Paul VI. / ( dpa )
Quelle:
KNA