Die Kindergärten in Nordrhein-Westfalen werden auf die beliebten "Pyjama-Partys" zum Abschluss eines Kita-Jahres auch künftig wohl nicht verzichten müssen. Nachdem der Amtsschimmel im NRW-Bauministerium gewiehert und für das Übernachten in Kindergärten von den Trägern eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung verlangt hatte, hat Familienminister Joachim Stamp (FDP) jetzt ein politisches Machtwort gesprochen.
Zuvor Irritationen bei Erzieherinnen und Eltern
"Das Übernachten von Vorschulkindern im Kindergarten ist und bleibt erlaubt", teilte Stamp jetzt dem Kinder- und Jugendausschuss des Düsseldorfer Landtags mit. Die "Pyjama-Party" fördere als häufig erste Übernachtung außerhalb der Familie nicht nur die Eigenständigkeit und das Selbstbewusstsein der Kinder, sondern auch die Gemeinschaft innerhalb der Kita-Gruppe. Derartige Übernachtungen blieben für die Landesregierung in den landesweit über 10.000 Kindergärten "weiterhin wünschenswert".
Zuvor hatte ein Erlass des Bauministeriums für Irritationen bei Erzieherinnen und Eltern gesorgt. Darin war die Verwaltungsspitze der Stadt Wuppertal am 15. Februar dieses Jahres angewiesen worden, die Übernachtung in Kindergärten von der zuständigen Baubehörde genehmigen zu lassen.
Falls die Baugenehmigung für eine Kita die Nutzung des Übernachtens nicht ausdrücklich einschließe, würden "weitergehende Anforderungen" an die Einrichtung gestellt. Deshalb sei für solche Übernachtungsfälle - wie etwa "Schulschlüpfer-Partys" zum Kindergartenabschluss - eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung der Bauaufsicht erforderlich.
"Unbürokratischer Umgang" mit Kita-Übernachtungen
Daraus haben einige Kommunen an Rhein und Ruhr bereits Konsequenzen gezogen und die Übernachtung in Kitas wegen des bürokratischen Aufwands generell untersagt. Das brachte die SPD-Landtagsopposition in Rage.
Es gehe nicht an, dass die Kleinsten die Regelungswut dieser schwarz-gelben Landesregierung ausbaden müssten, empörte sich der SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Kämmerling. Die gegenwärtige Genehmigungspraxis für Kita-Übernachtungen zeuge von "Realitätsferne und Regelungswut".
Inzwischen hat das Familienministerium den Kommunen einen "unbürokratischen Umgang" mit Kindergarten-Übernachtungen nahegelegt. Die Genehmigungen sollten "auf kurzem Dienstweg" erfolgen, empfahl Stamp im Landtag. Eine einfache Mitteilung der Kitas über eine "Pyjama-Party" an die kommunale Aufsichtsbehörde solle ausreichend sein.
SPD: Machtwort sei "Flucht nach vorn"
Für die Übernachtung in Kindergärten hätten einfache Regelungen zu gelten: eine erwachsene Person müsse im Übernachtungsraum anwesend sein und mögliche Fluchtwege dürften nicht durch Schlafsäcke versperrt werden. Die von den Kindern üblicherweise genutzten Taschenlampen müssten als "stromnetz-unabhängige Lichtquelle" vorhanden sein.
Die SPD-Opposition sieht in Stamps Machtwort "eine Flucht nach vorn". Das vom Bauministerium ausgelöste "Kommunikations-Chaos" habe in den Kindergärten hohe Wellen geschlagen, berichtet der SPD-Abgeordnete Kämmerling. Ob Kinder in Kitas übernachten dürfen, könne nicht weiter von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung abhängig gemacht werden.
Der Familienminister verweist darauf, dass die Baugenehmigungen vieler Kindergärten das gelegentliche Übernachten bereits einschließe. In den anderen Fällen verlangt er von den zuständigen Städten und Gemeinden pragmatische Lösungen. Darüber hinaus werde die Landesregierung die Landesbauordnung auf Sinnhaftigkeit und Praktikabilität kurzfristig überprüfen, versichert Stamp. Regelungen, die dem entgegenstünden und Kita-Übernachtungen erschwerten, würden gegebenenfalls geändert.
Von Johannes Nitschmann