Moraltheologe zum Klonen von Menschenaffen – und Menschen

"Versuche sanktionieren"

Das Klonen der Makaken-Äffchen Hua Hua und Zhong Zhong ist heftig umstritten. Wird bald die Grenze hin zum Menschenklon überschritten? Der Moraltheologe Michael Rosenberger fordert mehr Verantwortung von der Politik.

Geklonte Affen Hua Hua und Zhong Zhong / © Qiang Sun and Mu-ming Poo (dpa)
Geklonte Affen Hua Hua und Zhong Zhong / © Qiang Sun and Mu-ming Poo ( dpa )

DOMRADIO.DE: Hat Sie der Klon-Erfolg der Chinesen überrascht?

Michael Rosenberger (Professor für Moraltheologie an der Katholischen Privatuniversität Linz): Ja, denn zum jetzigen Zeitpunkt war nicht damit zu rechnen, dass man versucht, den Menschenaffen weiter zu klonen. In der Vergangenheit war es schwierig, die Methode, die man bei "Dolly" und anderen Tieren halbwegs erfolgreich durchgeführt hatte, auf Affen und menschenähnliche Tiere zu übertragen. Auch jetzt ist es nur nach mühsamen Versuchen gelungen. Man hat etwa 300 Versuche durchgeführt, zwei davon haben zum Erfolg geführt - das ist eine sehr schlechte Ausbeute.

DOMRADIO.DE: Dennoch kommen Forscher damit dem Klonen von Menschen einen Schritt näher. Ist zu befürchten, dass diese Grenze bald überschritten wird?

Rosenberger: Ich könnte mir vorstellen, dass in manchen Ländern, die keine restriktiven Kontrollen diesbezüglich haben, tatsächlich irgendwann die Grenze überschritten wird - zumindest im Versuch. Ob es dann erfolgreich ist, wird man sehen. Das heißt, hier müssen auch die Staaten und die Politik Verantwortung übernehmen, um solche Versuche tatsächlich wirksam zu sanktionieren.

DOMRADIO.DE: Der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz hat den Klon-Erfolg in China zumindest als "fragwürdig" bezeichnet. Wie steht die Kirche offiziell zum Thema Klonen?

Rosenberger: Bei Menschen ist es klar, dass die Kirche das Thema komplett ablehnt. Das Klonen eines Menschen hätte eine zu große Machtausübung von Menschen über andere Menschen zur Folge. Das kann man nicht akzeptieren. Man könnte - in Anlehnung an Jürgen Habermas (Philosoph und Soziologe, Anm. d. Red.) - sagen, dass eine zu große Asymmetrie zwischen den Menschen entstehen würde: Dass es diejenigen gibt, die klonen und die damit über andere verfügen und herrschen, und jene, die geklont werden und damit von anderen beherrscht werden. Das ist letztlich auch die Sorge der Kirche. Und deswegen lehnt sie das Klonen von Menschen generell ab.

Beim Klonen von Tieren kann man das nicht so einfach sagen, weil es hier nicht um Individuen innerhalb der gleichen Spezies geht. Da müssen wir andere Kriterien anwenden. Es ist zum Beispiel fragwürdig, dass die Tiere viel Leid erfahren. Wir wissen von Dolly, dass sie viel früher gealtert und gestorben ist, als andere, normale Tiere. Sie hatte viele Krankheiten. Bis heute weiß niemand, warum das letztendlich so war.

DOMRADIO.DE: Der italienische Genetiker, Biochemiker und Mediziner Gian-Paolo Dotto hat sich am Wochenende in einem Gastbeitrag für die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" geäußert. Er schreibt: "Jesus heilte Lepra-Kranke, ließ Gelähmte wieder laufen und Blinde sehen. Er tat das selbst unter Missachtung der Sabbat-Gesetze wie auch der Naturgesetze. Warum sollte sich die Kirche Jesus nicht zum Vorbild nehmen, auch wenn es um Gentechnik geht?" Wie sehen Sie das?

Rosenberger: An dem Kommentar ist sicherlich richtig, dass es kein prinzipielles Urteil der Kirche gegen das Klonen von Tieren geben kann. Beim Klonen vom Menschen wäre das schon etwas anders, eben wegen dieser Ausübung der Herrschaft. Aber wenn Sie dieses Argument der Herrschaftsausübung anschauen, dass sehen Sie auch, dass es keine Widernatürlichkeit behauptet, sondern dass sich hier die Symmetrien zwischen den Menschen verschieben und der eine zum Herrschenden und der andere zum Beherrschten wird. Das ist ein ganz anderes Argument, als wenn man nach der Natürlichkeit fragt oder danach, ob man die Prozesse nutzt, um Menschen zu heilen. Deswegen würde ich dem Argument in begrenztem Maße zustimmen, würde aber behaupten, dass es letztlich für das Klonen von Menschen nicht den Kern der Sache trifft.

DOMRADIO.DE: Aber auch das Klonen von Tieren ist ja ein Eingriff in die Schöpfung. Ab wann spielen wir Gott?

Rosenberger: Gott können wir nicht spielen. Da müssen wir vorsichtig sein, dass wir nicht falsche Begriffe hineinbringen. Wenn wir Gott als Schöpfer bekennen, dann tun wir das in der christliche Lehre so, dass wir sagen: Gott schafft aus dem Nichts etwas. Er ruft aus dem Nichts etwas ins Sein. Das können kein Forscher und kein Gentechniker, der klont. Das heißt, mit dem Argument der Schöpfermacht kommen wir nicht weit, sondern wir müssen tatsächlich auf die Folgen des Klonens von Tieren schauen: Welche Schäden werden hier dem betroffenen Tier aufgebürdet? Und können wir diese Schäden in irgendeiner Weise rechtfertigen? Bei dem, was momentan geschieht, sehe ich das nicht. Was aber nicht heißt, dass es nicht vielleicht unter begrenzten Nutzungsmöglichkeiten in der Zukunft eine Anwendungsmöglichkeit geben könnte, wo man sagt: Hier können wir das Klonen von Tieren in einem sehr begrenzten Maß und für ein ganz bestimmten Ziel rechtfertigen.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Klonschaf Dolly / © Curtis (dpa)
Klonschaf Dolly / © Curtis ( dpa )

Michael Rosenberger / © privat (DR)
Michael Rosenberger / © privat ( DR )
Quelle:
DR
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