Er ist ein begabter Bettler, ein zupackender Kirchenmann - und hat "ein bayerisches Herz, das für Südafrika schlägt": Seit 30 Jahren ist der Oberpfälzer Gerhard Lagleder Missionar. Vor 25 Jahren gründete er die heute größte katholische Hilfsorganisation des Landes, die sich rein aus Spenden finanziert. Das Jubiläum wird nun doppelt gefeiert, am 28. Oktober in Südafrika, am 17. und 18. November in Altötting.
Mehr als 2.500 Mitglieder zählt seine "Bruderschaft des Seligen Gerhard" inzwischen. Wobei der Name weniger auf ihn, sondern auf den Patron des Malteserordens verweisen soll, der im Mittelalter in Jerusalem das berühmteste Hospital der Christenheit leitete. Pater Lagleder ist dem Malteserorden seit langem verbunden, seine Bruderschaft der offizielle Ableger der Malteser in Südafrika.
Lagleder von Kloster Sankt Ottilien nach Afrika gesandt
Als der Missionsbenediktiner von seinem Kloster Sankt Ottilien nach Afrika entsandt wurde, begann er als einfacher Gemeindepfarrer - und hatte bald ein Schlüsselerlebnis: Ein Notruf führte ihn zu einer kranken Frau, die über Rückenschmerzen klagte. Der gelernte Sanitäter drehte sie zur Seite und blickte in eine große, offene Wunde, von Maden übersät. Lagleder lud die Frau samt Matratze auf seinen Pick-up und fuhr zu seinem Pfarrgemeinderatsvorsitzenden, einem Arzt. Der überwies sie sogleich ins Krankenhaus, wo die Patientin aber noch in derselben Nacht starb.
Mit dem Arzt-Ehepaar und einer weiteren Familie aus seiner Pfarrei gründete der Bayer kurz darauf seine Bruderschaft. Verwahrloste, unversicherte Kranke sind bis heute ihre wichtigste Zielgruppe. Alle Dienste bietet sie kostenfrei an. Ihre besondere Zuwendung gilt HIV-Infizierten. Mandeni, Sitz der Bruderschaft, rund 100 Kilometer nördlich der Hafenstadt Durban, gelangte vor Jahren als Aids-Hochburg zu trauriger Berühmtheit, mit der weltweit höchsten Ansteckungsrate von 76 Prozent.
Größtes stationäres Hospiz des Landes lebt von Ehrenamtlern
Die "Brotherhood of Blessed Gerard" betreibt das größte stationäre Hospiz des Landes. Stolz ist der Pater auf den hohen Anteil ehrenamtlicher Pfleger. Nach einer Basisausbildung machen sie die Betten, geben Essen aus. Tagsüber gibt es kein Krankenzimmer, in dem nicht ständig ein Pflegehelfer da ist. "So brauchen die Patienten die Glocke gar nicht zu läuten", erzählt Lagleder.
Aids-Problematik mittlerweile etwas entschärft
Die Aids-Problematik hat sich mittlerweile etwas entschärft. Die Provinzregierung von KwaZulu-Natal stellt anti-retrovirale Medikamente zur Verfügung. Damit können die Patienten noch etliche Jahre relativ beschwerdearm leben. "Und das Beste daran: Wer sich so behandeln lässt, ist nicht mehr ansteckend und kann wieder arbeiten", berichtet der Missionar. Darin liege die Lösung für Aids in Afrika, nicht in Kondomen.
Auch wegen dieser Behandlungserfolge sinkt die Zahl der Aidswaisen im Kinderheim der Bruderschaft. Aber überflüssig geworden ist diese Einrichtung deshalb noch nicht. Kinder werden von ihren armen Eltern ausgesetzt, Passanten an einer roten Ampel vermeintlich nur mal kurz in die Hand gedrückt oder vor der Tür einer Sozialarbeiterin abgelegt.
Lagleder denkt noch lange nicht ans Aufhören
61 Jahre alt ist Lagleder inzwischen, ans Aufhören denkt er noch lange nicht. Dafür hat er viel zu viele Pläne, für eine Krankenpflegeschule oder eine Werkstatt für behinderte junge Menschen. "Ein Grundstück mit Haus hätten wir schon, aber das kostet 54.000 Euro."
Da über 90 Prozent der Spenden aus Deutschland und Österreich stammen, kommt es entscheidend auf seine Bettelkünste an, denn außer ihm spricht keiner in der Bruderschaft deutsch. Vom 1. November bis 15. Dezember ist Lagleder wieder auf Europatour, um einen Großteil der jährlich benötigten 1,5 Millionen Euro aufzutreiben. Dabei genießt es der Ordensmann auch, Heimatgefühle zu tanken, sei es im Regensburger Dom, wo er Messdiener war und zum Priester geweiht wurde, oder in seinem Mutterkloster im Oberland, nordöstlich des Ammersees.