Ton in Debatte um die Flüchtlingspolitik wird rauer

Seehofer kontert Merkel

Vor dem EU-Flüchtlingsgipfel am Montag wird der Debattenton rauer. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer grenzte sich in einer neuen Stellungnahme in der Flüchtlingsfrage von Bundeskanzlerin Angela Merkel ab.

Horst Seehofer (l.) und Angela Merkel / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Horst Seehofer (l.) und Angela Merkel / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Zu ihrer Entscheidung, am vergangenen Wochenende Flüchtlinge aus Ungarn nach Deutschland fahren zu lassen, sagte er dem "Spiegel" (Samstag): "Das war ein Fehler, der uns noch lange beschäftigen wird. Ich sehe keine Möglichkeit, den Stöpsel wieder auf die Flasche zu kriegen." Zudem sehe er große Probleme auf Deutschland zukommen: "Wir kommen bald in eine nicht mehr zu beherrschende Notlage."

Seehofer sprach mit Ungarns Ministerpräsident Orban

Laut bayrischer Staatskanzlei hat Seehofer zudem mit Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban telefoniert. Orban habe großes Verständnis für die Belastungen in Deutschland gezeigt, hieß es in einer Mitteilung. Die Ministerpräsidenten seien der festen Überzeugung, dass der wirksamste Schlüssel zur Lösung der aktuellen Probleme darin liegt, die bestehenden europäischen Regeln uneingeschränkt anzuwenden. Jetzt gehe es darum, "alles zu unternehmen und zu unterstützen, was den Schutz der EU-Außengrenzen sicherstellt".

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Margarete Bause, kritisierte das Telefonat. "Statt bei einer der größten politischen Herausforderungen dieses Jahrhunderts Seite an Seite mit Kanzlerin Angela Merkel zu stehen, marschiert Horst Seehofer im Schulterschluss mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban stramm nach rechts", sagte sie in München.

Sieben Bundesländer melden Bettennotstand für Flüchtlinge

Laut "Spiegel" zeigte zudem eine Schaltkonferenz der Innenministerien von Bund und Ländern am Donnerstagabend das Ausmaß der Flüchtlingskrise in Deutschland. Sieben Bundesländer hätten für diesen Tag gemeldet, dass sie keine Betten für Flüchtlinge mehr frei hätten, darunter Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Bayern habe "ungesteuerte Zugangswege" beklagt, Schleswig-Holstein "einen nicht koordinierten Zulauf in die Erstaufnahmeeinrichtungen".

Unterdessen kritisierte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) die Aussagen des ehemaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) zur aktuellen Flüchtlingspolitik. Friedrichs Aussagen zeigten, "dass er offensichtlich gar keine Ahnung hat, was los ist in dieser Welt und wie wir auch aus außen- und sicherheitspolitischen Abwägungen Regionen stabilisieren, indem wir mehr Menschen bei uns aufnehmen." Friedrichs Meinung entspreche "definitiv nicht der Stimmung der Menschen in Bayern, die eine große Hilfsbereitschaft zeigen".

Friedrich hatte gegenüber der "Passauer Neuen Presse" von einer "beispiellosen politischen Fehlleistung" gesprochen. Die Entscheidung der Bundesregierung zu Ungarn werde "verheerende Spätfolgen" haben. Er nannte es "völlig unverantwortlich, dass jetzt zig-Tausende unkontrolliert und unregistriert ins Land strömen und man nur unzuverlässig genau abschätzen kann, wie viele davon ISIS-Kämpfer oder islamistische Schläfer sind".

 


Quelle:
KNA