Zu erwarten ist nun ein Stilwechsel. Denn der Sohn eines britischen Offiziers und einer deutschen Hausärztin ist ein Mann der deutlichen Aussprache und der politischen Konfrontation. Er meldet sich offensiver zu Wort als der scheidende Ärztechef, der feinsinnige Pathologe und Musikliebhaber Jörg-Dietrich Hoppe, der nach zwölf Jahren an der Spitze der Ärztekammer nicht wieder antrat.
Er wolle ebenso wie Hoppe eine Integrationsfigur für die deutsche Ärzteschaft sein, kündigte Montgomery im Deutschlandfunk-Interview an. Schon allein deshalb, weil "Integration der völlig auseinanderdriftenden unterschiedlichen Strömungen der Ärzteschaft dringend not tut". In der Auseinandersetzung mit der Politik werde er aber wohl eher "von dem leichten Florett, mit dem Jörg-Dietrich Hoppe immer gefochten hat, ein kleines bisschen zum Degen übergehen. Aber vom Säbel bin ich weit entfernt".
Kampferprobt ist er: Von 1989 bis 2007 stand Montgomery an der Spitze der Ärzteorganisation Marburger Bund und schaffte es, den Berufsverband zu einer schlagkräftigen Ärztegewerkschaft auszubauen, die sich für eine bessere Bezahlung, kürzere Arbeitszeiten und einen Abbau der Hierarchien in Krankenhäusern einsetzte. Vor dem Ärztetag kündigte der 59-Jährige eine intensive Debatte über die Zukunft der Gesundheitsversorgung und der Krankenversicherung in einer älter werdenden Gesellschaft an.
In diesem Zusammenhang stellt sich der mit einer Ärztin verheiratete Vater von zwei Kindern hinter den umstrittenen Vorstoß Hoppes, bei der medizinischen Behandlung Prioritäten festzulegen. Ärzte, Politik und Gesellschaft müssten gemeinsam entscheiden, welche Behandlung "um jeden Preis und immer und sofort bezahlt werden muss". Zugleich müsse man dann aber auch über die Dinge reden, die "dann nach hinten auf die Liste geschoben werden". Gegenwärtig werde in Praxen und Krankenhäusern nach dem Zufallsprinzip rationiert, kritisiert der Radiologe, der seit 2007 Vizepräsident der Ärztekammer ist. "Wenn das Geld zu Ende ist, bekommen Patienten Leistungen nicht und müssen bis zum nächsten Quartal warten." Das sei für Ärzte ein unerträglicher Zustand.
Offensiv setzt sich Montgomery für höhere Ärztegehälter ein. Zwar werde die Politik nicht müde, die Ärzte als raffgierig hinzustellen. Aber "eine hoch qualifizierte Ausbildung verlangt auch eine entsprechende gesellschaftliche Anerkennung, und die drückt sich nun mal auch durch ein vernünftiges Gehalt aus". Dass im vergangenen Jahr rund 3.400 deutsche Mediziner ins Ausland abgewandert seien, zeige ebenso wie der Ärztemangel auf dem Land, dass Arbeitsbedingungen und Gehälter verbessert werden müssten.
Bei ethischen Fragen hat sich Montgomery klar positioniert: Ärzte sollten sich keinesfalls an einer Selbsttötung eines Patienten beteiligen dürfen, betont er. Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) argumentiert er pragmatisch: Der Bundesgerichtshof habe festgestellt, dass die Gentests an Embryonen unter ganz bestimmten Bedingungen zulässig seien. Zudem sei davon auszugehen, dass der Bundestag eine gewisse Öffnung dieses Verfahrens zulassen werde.
"Und dann wollen wir als Ärzte mit unserer Verantwortung bereitstehen, um zu verhindern, dass das zu einem Massen-Screening-Test wird". Die PID müsse auf wenige Fälle beschränkt bleiben.
Als Ärztekammerpräsident wird Montgomery Kampfgeist, Durchsetzungsfähigkeit und einen langen Atem benötigen - eine Qualität, die er bei seinen möglichst täglichen 7 Kilometer langen Joggingrunden im Morgengrauen am Elbstrand trainiert. Als weitere Hobbys nennt er Segeln, Tennis und Skifahren. "Zusammenfassend, so beschreibt sich Montgomery selber auf seiner Internetseite, "betrachte ich mich als einen glücklichen Menschen".
Montgomery neuer Chef der deutschen Ärzte werden
Degen statt Florett
Der 114. Deutsche Ärztetag in Kiel hat den Hamburger Radiologen Frank Ulrich Montgomery (59) zum neuen Präsidenten der Bundesärztekammer gewählt. Er folgt auf Jörg-Dietrich Hoppe (70), der nach zwölf Jahren nicht mehr für dieses Amt kandidierte.
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