Schavan zu Gesprächen mit Benedikt XVI. und Kurienvertretern in Rom

Papstbesuch als Signal

Bundesbildungsministerin Annette Schavan ist am Mittwoch zu Gesprächen mit Papst Benedikt XVI. und hohen Kurienvertretern zusammengetroffen. Das Kirchenoberhaupt empfing die katholische Politikerin zu einer persönlichen Unterredung nach der Generalaudienz. Gegenstand war unter anderem der Besuch des Papstes in Deutschland.

Papst Benedikt XVI. und Annette Schavan (KNA)
Papst Benedikt XVI. und Annette Schavan / ( KNA )

Schavan bezeichnete die Atmosphäre des Treffens im Anschluss als ausgesprochen freundlich. Sie habe dem Papst gesagt, dass Deutschland sich auf ihn freue. Eigens habe sie auch die Situation der Kirche in der Hauptstadt angesprochen. Berlin sei keine gottlose Stadt, so Schavan. "Viele Menschen sind auf dem Weg und suchen Gott." Der Papst habe geantwortet, auch er freue sich auf die Reise nach Berlin und nach Deutschland. Sie sei zuversichtlich, dass es ein "interessanter und wichtiger Besuch" werde, sagte Schavan.  Die Hauptstadt sei ein Beispiel für die zunehmende religiöse Vielfalt. "Es wird einen enormen Zulauf nach Berlin geben, irgendwann wird man anfangen, Wetten abzuschließen", zeigte sich die Unionspolitikerin überzeugt. Sie reagierte damit auf Besorgnisse, der Papst-Besuch werde in Berlin wenig Menschen anziehen. Überdies komme der Reise große Bedeutung für die Ökumene zu.



In dieser Woche war bekannt geworden, dass Benedikt seinen Aufenthalt in Erfurt wegen des Treffens mit protestantischen Kirchenvertretern verlängern werde. Die zweite Übernachtung hänge mit dem "Wunsch des Papstes nach einem Treffen mit der evangelischen Kirche" zusammen, hieß es. Als Orte der Ökumene-Begegnung sind das Evangelische Augustinerkloster und der katholische Mariendom im Gespräch.



Der Besuch des Papstes im September war auch zentrales Thema einer Begegnung mit dem vatikanischen Ökumeneverantwortlichen, dem Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch. Schavan erklärte, sie wünsche sich einen großen Papst-Gottesdienst in Berlin vor dem Brandenburger Tor. "Das Symbol der Einheit, dort, wo Diktaturen Gott aus der Stadt vertreiben wollten, könnte genau der richtige Ort für eine Feier mit dem Papst sein." Sie rechne mit 200.000 Pilgern, die in der deutschen Hauptstadt dem Kirchenoberhaupt begegnen wollten.



Papstbesuch als Signal

Schavan und Koch betonten, der Papstbesuch müsse ein Signal werden, um die Frage nach Gott in den modernen Gesellschaft wieder zu stellen. "Berlin ist auch eine Stadt der Gottsucher", meinte Schavan. Der Katholizismus sei ursprünglich eine "Stadtreligion", pflichtete Koch ihr bei. "Wir dürfen als Kirche gerade die Städte nicht verloren geben."



Im Mittelpunkt des zweitägigen Rombesuchs von Schavan standen Gespräche über die Rolle der Theologie in der aktuellen Hochschullandschaft und die Einrichtung von islamischen Fakultäten in Deutschland. Unter anderem traf sich die Ministerin mit dem Präsidenten der vatikanischen Bildungskongregation, Kardinal Zenon Grocholewski, und dem Präsidenten des Päpstlichen Rates für interreligiösen Dialog, Jean-Louis Tauran. Am Donnerstag reist Schavan nach Deutschland zurück.



Zollitsch spricht mit Papst über Deutschlandreise

Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, ist am Donnerstag zu einem Gespräch mit Papst Benedikt XVI. zusammengetroffen. Im Mittelpunkt standen der neu angestoßene Dialogprozess in der deutschen Kirche sowie der für September geplante Papstbesuch in Deutschland, wie Zollitsch anschließend erklärte.



Der Papst freue sich sehr auf die Deutschlandreise, sagte der Konferenzvorsitzende. Im Blick auf den innerkirchlichen Dialog hoffe Benedikt XVI., dass dies ein "guter geistlicher Prozess" werde. Die Unterredung zwischen Zollitsch und dem Papst dauerte rund 45 Minuten.



Zollitsch hält sich bereits seit Mittwoch zu seinem turnusmäßigen Rom-Besuch im Anschluss an die Vollversammlung der Bischofskonferenz auf. Unter anderem führte er Gespräche mit dem Präsidenten des vatikanischen Ökumenerates Kardinal Kurt Koch.





Marx: Papst soll in Berlin Grenzen staatlicher Macht aufzeigen

Kardinal Reinhard Marx erhofft von Papst Benedikt XVI.  bei dessen Berlin-Besuch am 22. September wegweisende Worte an die Politik. Wie bei dessen England-Visite im vergangenen Jahr solle der Papst auf die Gefährdung der Demokratie durch einen überzogenen Machtanspruch des Staates hinweisen, sagte der Erzbischof von München und Freising am Mittwochabend in Berlin. Er äußerte sich bei einer Veranstaltung der Guardini-Stiftung zum Thema "Macht und Glauben".



Benedikt XVI. hatte im britischen Parlament vor einer staatlichen Zurückdrängung der Religion in die Privatsphäre gewarnt. In der gesellschaftlichen Wertedebatte müsse die Religion eine korrigierende Rolle einnehmen, forderte der Papst. Im Rahmen seines Deutschland-Besuchs vom 22. bis 25. September wird der Papst auch vor dem Bundestag sprechen.



Marx betonte, die Begrenzung staatlicher Macht sei eine notwendige Voraussetzung moderner Demokratie. Die Religionsgemeinschaften könnten diese Grenzen deutlich machen, bräuchten dafür aber angemessene Freiräume. Als Themen kirchlicher Positionierung nannte der Kardinal unter anderem die Präimplantationsdiagnostik und die Kernenergie. Dabei dürften sie aber nicht "in der Sprache der Allwissenden" auftreten.



Der Prager Philosoph Tomas Halik bezeichnete es ebenfalls als "prophetische Aufgabe" der Kirche, "die Macht des Staates und der Wirtschaft zu entzaubern". Die Skandale um den sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche hätten ihrer Glaubwürdigkeit jedoch geschadet, weil dies auch Missbrauch von Macht gewesen sei. Umso wichtiger sei für die Kirche nun eine Haltung der Demut in den öffentlichen Debatten.



Die Guardini-Stiftung fördert das Gespräch zwischen Glauben, Wissenschaften und Kunst. Sie beruft sich dabei auf Romano Guardini (1885-1968), der von 1923 bis 1939 viel beachtete Vorlesungen zu "Religionsphilosophie und Katholischer Weltanschauung" hielt.