Schwerste Unruhen seit der Unabhängigkeitserklärung im Nord-Kosovo

Außer Kontrolle?

Vor genau einem Monat hat das Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Die Entscheidung sorgt seitdem für Proteste in Serbien und bei der serbischen Minderheit im Kosovo. Montag kam es im mehrheitlich von Serben bewohnten Mitrovica zu den bislang schwersten Ausschreitungen. UNO-Polizisten verloren die Kontrolle über die Situation und mussten sich zurückziehen. Nato-Soldaten griffen ein und hatten die Lage am Abend militärisch weitgehend unter Kontrolle. Die Serben werden weiter versuchen die Sicherheit im Norden des Kosovo zu kontrollieren, schätzt Dr. Heinrich Sassenfeld, Büroleiter der Friedrich Ebert Stiftung in Serbien, Montenegro und dem Kosovo.

 (DR)

Der Rückzug der Polizei deute darauf hin, dass es zu einer Teilung des Kosovo, ähnlich wie in Nord-Zypern, kommen könnte, so Dr. Sassenfeld. Es sei mit das Komplizierteste, dass es den Europäern nicht gelungen sei eine gemeinsame Position gegenüber dem Kosovo zu entwickeln, urteilt der Experte.  In den Augen der Serben erhöhe dies die Chancen serbische Interessen durchzusetzen, nämlich die Unabhängigkeit des Kosovo rückgängig zu machen, erläutert Dr. Heinrich Sassenfeld im domradio Interview.

Panzer in Mitrovica
Bei den Unruhen am Montag starb ein Mensch, rund drei Dutzend serbische Demonstranten wurden festgenommen und bis zu 100 verletzt. Autos wurden demoliert und in Brand gesteckt, Fensterscheiben eingeschlagen und Panzer auf den Straßen beherrschten das Bild.
Am vergangenen Freitag hatten serbische Justizbeamte das Gebäude des Kreisgerichtes in Mitrovica besetzt. Montag versuchten Polizeiverbände der UNO , das Gebäude zu räumen. Bei Auseinandersetzungen mit der aufgebrachten Menge rund um das Gebäude wurden 25 Polizisten verletzt. Erst die KFOR-Soldaten der Nato konnten die Lage wieder unter Kontrolle bringen.

Kriegsgespenst
EU-Politiker haben die serbische Gewalt in Mitrovica verurteilt. Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier sagte zum Angriff der Demonstranten auf die Uno-Polizisten, er sei "inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen".  
Der serbische Präsident Voislav Kostunica hat dagegen den "allerschärfsten Protest gegen die Einschüchterung der Serben" eingelegt und versprach den Serben in Mitrovica seinen Schutz.  Das Gespenst des jugoslawischen Krieges sei zurückgekehrt, meinen die Einheimischen.