Übergriffe gegen Christen "fast normales Phänomen" in Israel

Vatikan-Flagge über Jerusalem zum Papstbesuch 2009 / © Harald Oppitz (KNA)
Vatikan-Flagge über Jerusalem zum Papstbesuch 2009 / © Harald Oppitz ( KNA )

Zwar habe es auch in der Vergangenheit immer wieder Aggressionen gegen Christen von jüdischer Seite gegeben, sagte der künftige Kardinal und Lateinische Patriarch in Jerusalem Pierbattista Pizzaballa im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Neu ist die Häufigkeit, mit der sie geschehen – und die Tatsache, dass sie fast schon ein 'normales' Phänomen sind." Neben Beleidigungen würden Christen vor allem bespuckt – auch er selbst sei bereits angespuckt worden, gab der Patriarch an. Die Gründe dafür sieht der aus Italien stammende Erzbischof hauptsächlich in der Erziehung.

Täter zumeist aus ultraorthodoxen Judentum oder nationalreligiösem Spektrum

"Es gibt Kinder, die Christen anspucken und anschreien – irgendjemand muss ihnen das beigebracht haben. Vielleicht gibt es eine junge Generation, etwa in den Siedlungen, die in einem extremistischen oder polarisierten Kontext aufgewachsen ist und keine Diversität kennt."

Die Täter seien dabei zumeist dem ultraorthodoxen Judentum oder dem nationalreligiösen Spektrum zuzuordnen, wobei es auch von dort viele positive Reaktionen auf die Christen gebe, betonte der Patriarch.

Hilferuf an internationale Regierungen

Ob es eine Verbindung zur rechtsgerichteten Regierung gibt, die seit Anfang des Jahres im Amt ist, könne er nicht mit Sicherheit sagen, so Pizzaballa.

"Aber es ist eine Tatsache, dass wir seit dem Amtsantritt der neuen Regierung eine deutliche Zunahme verzeichnen."

Das Benediktinerkloster Tabgha in Israel mit der Brotvermehrungskirche ist umgeben von Olivenbäumen und einem Hügel am 26. September 2017. / © Corinna Kern (KNA)
Das Benediktinerkloster Tabgha in Israel mit der Brotvermehrungskirche ist umgeben von Olivenbäumen und einem Hügel am 26. September 2017. / © Corinna Kern ( KNA )

Einen Kontakt mit der christlichen Gemeinde auf politischer Ebene gibt es laut dem Erzbischof derzeit nicht. Pizzaballa appellierte deshalb an internationale Regierungen, mehr mit Israel über die Situation der Christen zu sprechen.

Thema von Agenda verschwunden

"In den vergangenen zwanzig Jahren ist das Thema von der diplomatischen Agenda verschwunden." Problematisch sei auch, dass die Zahl der Christen durch niedrige Geburtenraten und Auswanderungen sinke.

Die christliche Gemeinschaft habe dadurch nicht mehr "die gleiche Sichtbarkeit und Stärke wie früher", erklärte Pizzaballa und fügte hinzu: "Wir werden nicht verschwinden."

Papst Franziskus hatte vergangenen Sonntag angekündigt, den Patriarchen im September ins Kardinalskollegium aufzunehmen. Der 58-Jährige würde dann nach derzeitigem Stand bei einem Konklave auch Papstwähler sein.

Kardinalsernennung stärkt Region

Durch die Kardinalsernennung werde die Region gestärkt, sagte Pizzaballa am Donnerstagabend der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

"Wir wissen, dass Papst Franziskus sehr nah an den Peripherien und an Konfliktherden ist: Wir sind beides."

(Quelle: DOMRADIO.DE/KNA)