Primas Williams sieht Glaubwürdigkeitsverlust

Katzenjammer bei Anglikanern

Nach dem Nein zur Zulassung von Frauen zum Bischofsamt ist der scheidende Primas, Erzbischof Rowan Williams von Canterbury, hart mit der Generalsynode ins Gericht gegangen. Die Kirche von England habe damit "eine Menge Glaubwürdigkeit verloren". Im domradio.de-Interview blickt der Direktor des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik, Wolfgang Thönissen, auf die Abstimmung.

 (DR)

"Bischöfinnen werden bei den Anglikanern kommen, es ist nur eine Frage der Zeit", urteilte der Professor für Ökumenische Theologie am Donnerstag. Der künftige Primas Welby gehe geschwächt aus der Synode, denn er habe sich zuvor deutlich für die Zulassung von Frauen für das Bischofsamt ausgesprochen, so Thönissen.



Man könnte meinen, die Kirche von England sei "absichtlich blind" gegenüber modernen Bedürfnissen und Prioritäten, so Erzbischof Williams vor Delegierten in London. Die interne Diskussion sei "weiten Teilen der Gesellschaft nicht vermittelbar". Zugleich warnte der Primas vor Nachkarten und einer gegenseitigen Abrechnung.



In der Synode hatte der Antrag am Dienstagabend knapp die nötige Mehrheit verfehlt. Zwar stimmten insgesamt 72 Prozent der Delegierten für eine Änderung des Kirchenrechts in diesem Punkt. Allerdings hätten sie alle drei "Häuser" des Gremiums, die Bischöfe, die Kleriker und die Laien, jeweils mit Zweidrittelmehrheit billigen müssen. Bei den Laien fehlten jedoch sechs Stimmen (132 zu 74). Damit liegt die Frage bis mindestens 2015 erneut auf Eis.



Premierminister zeigte sich über Votum enttäuscht

Ein Sprecher des britischen Premierministers David Cameron zeigte sich unterdessen enttäuscht über das Votum. Cameron halte die Zulassung von Bischöfinnen für richtig. Es handele sich aber um eine Entscheidung der Kirche. Gleichstellungsministerin Maria Miller sagte laut dem Sender BBC, das Votum zeige, dass die anglikanische Kirche "hinter der Zeit zurück" sei.



Ein Drittel des anglikanischen Klerus in England ist inzwischen weiblich. Die Staatskirche hatte sich Anfang der 90er Jahre mit hauchdünner Mehrheit für eine Zulassung von Frauen zum Priesteramt entschieden. Seitdem spaltet die Frage den liberalen und den konservativen Kirchenflügel.



Welby: sehr bitterer Tag

Die Abstimmung über die Bischöfinnen galt auch als Autoritätstest für den designierten künftigen Erzbischof von Canterbury und Primas Justin Welby. Er hatte sich ebenso wie Amtsinhaber Williams unmittelbar vor der Abstimmung für die Zulassung ausgesprochen. Welby sprach über Twitter von einem "sehr bitteren Tag".



Auch die Nummer zwei der anglikanischen Hierarchie, Erzbischof John Sentamu von York, äußerte sich am Mittwoch im Gespräch mit BBC enttäuscht. Es werde jedoch "noch zu meinen Lebzeiten Bischöfinnen in der Kirche von England geben", so Sentamu. Im Prinzip sei dies schon von der Mehrheit der Synode und von allen Diözesen gebilligt. Synodenmitglied Christina Reed wird von der BBC mit den Worten zitiert, das Haus der Laien habe "die gesamte Kirche von England verraten".