Afrika-Pfarrer Hippler über den Kampf gegen die Immunschwächekrankheit

Vor der Welt-Aids-Konferenz

Kurz vor Beginn der Welt-Aids-Konferenz am Wochenende sprechen die Vereinten Nationen von einer verbesserten Lage. In den armen Ländern erhielten immer mehr bedürftige HIV-infizierte Menschen eine lebensverlängernde Therapie, heißt es. Der deutsche Pfarrer Stefan Hippler ist Anti-AIDS-Aktivist in Kapstadt in Südafrika.

 (DR)

domradio.de: Noch vor zehn Jahren war die Diagnose HIV/AIDS quasi ein Todesurteil - zumindest in den Townships von Südafrika. Hat sich das - unter anderem durch Ihren Einsatz - verändert?--
Stefan Hippler: Das hat sich verändert. Ob unsereins dazu beigetragen hat, sicherlich, in dem Sinne, dass wir zusammen mit den Medizinern von Bethel und den Ärzten ohne Grenzen die ersten waren, die 2001 bereits angefangen haben, antiretrovirale Medikamente einzusetzen. Und damit haben wir auch dazu beigetragen, dass die Provinz Westkap an der Vorfront des gesamten Roll-out der Medikamente in Südafrika war. Die Situation hat sich natürlich verbessert. --
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domradio.de: Wie helfen Sie den HIV/AIDS-kranken Menschen in Kapstadt - Sie sind ja kein Mediziner?--
Hippler: Ich bin kein Mediziner, ich bin Theologe, aber man eignet sich hier viele medizinische Kenntnisse an und wir haben im Projekt selbst eine Ärztin, die für uns arbeitet und die natürlich die medizinische Seite betreut. --



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domradio.de: In den USA wurde jetzt eine altbekannte Pille für einen neuen Zweck zugelassen. Das Medikament Truvada wird als AIDS-Prophylaxe bezeichnet. Was halten Sie von Truvada? --
Hippler: Ich bin da sehr gespalten. Auf der einen Seite weiß ich und wissen wir schon länger, das Truvada durchaus die Übertragung von HIV verhindern kann, ich glaube, die Rate liegt bei 40-50%. Aber Truvada hat natürlich auch Nebenwirkungen. Und die Frage ist, wem gibt man solche Medikamente. Gibt man sie Menschen, bei denen ein HIV-Positiver mit einem Nicht-Positiven zusammenlebt, oder wird das Medikament frei ausgegeben, wenn Leute Party und ungeschützten Geschlechtsverkehr haben wollen. Wie soll man ethisch mit diesem Medikament umgehen, wenn man es zur Vorbeugung einsetzen will?--
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domradio.de: Das heißt, es könnte auch als eine Art Impfung missverstanden werden?--
Hippler: Ja, die Gefahr ist groß, dass Leute denken, ich werfe Samstagabend eine Pille ein und dann kann ich machen, was ich will. Das wäre fatal. Von daher brauchen wir im Prinzip ethische Richtlinien, wann und wie Ärzte diese Medikamente einsetzen bzw. verschreiben sollten - Truvada ist ja verschreibungspflichtig.
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domradio.de: Das sind alles Themen, die sicher auch auf die Konferenz in Washington mitgenommen werden. Die Konferenz ist ein Netzwerktreffen, auf dem sich Fachleute untereinander austauschen. Was steht für Sie in der kommenden Woche auf dem Programm? --
Hippler: Da treffen sich 20.000 Menschen aus aller Welt, die im Bereich HIV/AIDS arbeiten, das sind Wissenschaftler, Aktivisten, Gesundheitsarbeiter - die ganze Bandbreite, was HIV angeht. Und die Konferenz steht unter dem Motto: Turning the Tide, also dass man ein neues Kapitel aufschlagen will, und man überlegt oder denkt wieder laut über Heilung und therapeutische Impfung nach, also eine ganz spannende Angelegenheit. Und es geht darum zu sehen, was gibt es an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, wohin geht die Forschung, was ist heute schon möglich und vor allen Dingen auch: Wie wird das weltweit umgesetzt - zum Beispiel in den Favelas Südamerikas im Vergleich zu den Township Communities in Südafrika. Das ist für mich eine sehr interessante Frage.--
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domradio.de: Selten waren Experten und Politiker so optimistisch, den Kampf gegen HIV gewinnen zu können wie vor der diesjährigen Konferenz. Reihen Sie sich in die Gruppe der Optimisten ein?--
Hippler: Ich bin grundsätzlich Optimist, von daher bin ich optimistisch, aber ich denke, es braucht noch ein paar Jahre, wenn nicht gar zehn Jahre, bis wir irgendetwas haben, das man auch einsetzen kann, z.B. als therapeutische Impfung oder als Schutzimpfung gegen HIV. Ich denke, dass braucht noch eine gute Zeit, aber wir müssen optimistisch bleiben und weiter hart daran arbeiten.--
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Das war deutsche Pfarrer Stefan Hippler in Kapstadt im Vorfeld der Welt-AIDS-Konferenz. Er wird uns auch von Washington aus weiter informieren. Vielen Dank für heute und guten Flug!--

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Hintergrund
Vor der Welt-Aids-Konferenz in Washington hat "Brot für die Welt" davor gewarnt, im Kampf gegen die Immunschwäche Aids nachzulassen. "Das Beispiel Afrika zeigt, dass man etwas bewirken kann", sagte die Direktorin des evangelischen Hilfswerks, Cornelia Füllkrug-Weitzel, dem Evangelischen Pressedienst (epd). In 22 afrikanischen Ländern sei die Ansteckungsrate in zehn Jahren um ein Viertel gesunken. "Für Entwarnung gibt es aber auch in Afrika keinen Anlass", betonte die 57-jährige Pfarrerin.--
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In Afrika südlich der Sahara leben zwei Drittel der 34,2 Millionen HIV-Infizierten weltweit. "Der Trend bei Neuinfektionen hat sich in Afrika gedreht", sagte Füllkrug-Weitzel. "Das ist ein großer Erfolg." Es bleibe aber eine Herausforderung, überall möglichst kostenlose Aids-Tests anzubieten, die Ansteckung Neugeborener zu verhindern und Aids-Kranke lebenslang mit lebensrettender Arznei zu versorgen.--
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Auch die Vorbeugung dürfe nicht vernachlässigt werden. "Die Übertragungsgefahr bleibt immer die Gleiche", sagte Füllkrug-Weitzel.Aufklärung, Aids-Tests und Kondome seien weiter zentrale Aufgaben.Die Kinder von HIV-positiven Frauen müssten dringend besser vor Ansteckung geschützt werden. "Wenn man sich nur auf die Gesundheitsstationen und Kliniken verlässt, erreicht man die Mütter auf dem Land nicht, die zu Hause gebären", erklärte Füllkrug-Weitzel.--
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Die Direktorin von "Brot für die Welt" appellierte zugleich an die Forscher, Medikamente für heiße Länder zu entwickeln, in denen die Armen oft keine Kühlschränke haben und nicht lesen können. Auch gebe es zu wenig Aids-Arzneimittel für Kinder. In Afrika lebten 3,1 Millionen Kinder mit HIV, von denen nur etwa 15 Prozent behandelt würden. Auf der Welt-Aids-Konferenz vom 22. bis 27. Juli werden rund 20.000 Mediziner, Forscher, Politiker und Aktivisten über Strategien gegen Aids beraten.--
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Als positiv hob Füllkrug-Weitzel den Sinneswandel in den christlichen Gemeinschaften in Afrika hervor. "In den großen Kirchen in Afrika hat bei Aids ein Umdenken eingesetzt", sagte sie. Dazu habe auch ein Programm des Ökumenischen Rates der Kirchen und des Allafrikanischen Kirchenrats beigetragen, das von "Brot für die Welt" mit angeregt und finanziert wurde.--
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Unterdessen bedroht die Immunschwäche nach ihren Worten auch andere Regionen. "Die Schockwellen gingen durch Afrika, aber in Asien und Osteuropa ist Aids lange vernachlässigt worden", sagte Füllkrug-Weitzel. In vier zentralasiatischen Ländern sowie in Armenien, Bangladesch und den Philippinen sei der Trend alarmierend.Die Neuinfektionsrate seit dort in zehn Jahren um 25 Prozent gestiegen. (epd)