25 Jahre Kunst-Station Sankt Peter in Köln

Wo freie Kunst Kirche provoziert

Der Ölgeruch provoziert einen Feuerwehreinsatz. Die Ausdünstungen aus großen Wannen mit Altöl im Kirchenschiff haben indes nichts mit einem Unglück zu tun. Aber mit Kunst - Markenzeichen der Kölner Kirche Sankt Peter. Die einzigartige Kunst-Station feiert bis Sonntag ihr 25-jähriges Bestehen.

Autor/in:
Andreas Otto
 (DR)

Ein spannungsgeladener Ort. Denn in dem spätgotischen Sakralbau wird Gegenwartskunst präsentiert. Und nicht jeder hat einen Zugang zu Werken, deren religiöser Bezug wie bei den Ölwannen des Japaners Noriyuki Haraguchi nicht ins Auge fällt. Von Anfang an gibt es Konflikte, die das problematische Verhältnis zwischen Kirche und freiem Kunstgeist spiegeln. Zum Eklat kommt es gar, als 1994 Alfred Hrdlickas Skulptur "Gekreuzigter" gezeigt wird - ein Torso mit abgeschlagenen Armen und Beinen. Mennekes sieht darin den geschundenen Menschen und damit den hingerichteten Christus. Andere empören sich über das markante Geschlechtsteil.



Erst vor kurzem sagten die Veranstalter eine geplante Präsentation des Österreichers Siegfried Anzinger ab, der ein gekreuzigtes Schwein und damit ein Bild über die bedrohte Schöpfung zeigen wollte. Die Kuratoren befürchteten einen Aufschrei verletzter religiöser Gefühle.



Trotz solcher Konflikte lebt die Tradition, in Sankt Peter Kunst und Religion in einen Dialog zu bringen. Dabei solle die Kunst den Menschen - auch den Glaubenden - mit existenziellen Fragen konfrontieren, auch provozieren. "Es gehört zum Konzept der Kunst-Station, die Kunst als Instrument des Fragens zu begreifen", betont der Theologe Guido Schlimbach in seiner Dissertation über Sankt Peter. Seit 1987 kommt die Kunst-Station auf rund 160 Ausstellungen. Unter den Künstlern finden sich Namen wie Markus Lüpertz, Joseph Beuys, Käthe Kollwitz, Francis Bacon, Günter Uecker oder Eduardo Chillida. Der baskische Bildhauer hat übrigens für Sankt Peter den dreiteiligen Kreuzaltar "Gurutz Aldare" geschaffen - zum Unwillen des Vatikan. Rom besteht auf einen Tisch aus einem Block - als Symbol für den einzigen Erlöser Jesus Christus. Chillidas Werk hat immerhin einen Platz im Seitenschiff gefunden.



Einzigartiger Ort

In keiner anderen katholischen Kirche habe zeitgenössische Kultur einen solch festen Platz wie in Sankt Peter, bilanziert Schlimbach auch mit Blick auf die Darbietungen zeitgenössischer Musik mit einer eigens dafür gebauten Orgel. Anhand Haraguchis Werk erläutert er das Spezifikum der Station. Obwohl kein Christ, habe der Asiat 2008 sein Werk "endlich an einem Ort gesehen, wo es hingehört". Schlimbach erinnert sich daran, wie das tiefe Schwarz des Öls und seine starke Spiegelwirkung den sakralen Raum enorm aufweitet. Dieses Zueinander von Kunst und Kirche vergleicht er mit dem "geliehenen Blick" in Japans Gartenkunst. Dabei werden Gärten so angelegt, dass sie die Sicht auf die Landschaft dahinter freigeben. Ähnlich weite auch die Kunst die Perspektive auf die religiöse Dimension, so Schlimbach, der nach dem Ausscheiden von Mennekes im Jahr 2008 mit Renate Goldmann und Sofia Ungers die Ausstellungen plant.



Das Team kooperiert mit der Kölner Biennale "New talents", den Kunsthochschulen in Köln und Düsseldorf und dem Kunstmuseum des Erzbistums Köln "Kolumba". Laut Schlimbach können sich Künstler für Ausstellungen nicht bewerben, sie werden berufen. Zu ihnen gehört der Niederländer Kris Martin. Mit seinen Themen Zeit und Vergänglichkeit hat er in Köln Interesse geweckt - und auf die Anfrage nach einer Ausstellung im September geantwortet: "Ich mach" euch etwas." Hoffentlich etwas, was sich mit religiösen Gefühlen verträgt.



Am Freitag wird es in dem gotischen Gotteshaus ein Pontifikalamt mit dem Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner geben, am Tag darauf hält die Journalistin und TV-Moderatorin Elke Heidenreich die Festrede zum 25-jährigen Jubiläum. Am Sonntag schließlich findet nach dem Festgottesdienst ein mehrstündiges Gemeindefest statt.