Lohmann begrüßt geplante Broschüre zu christlichen Werten der CDU

Glaube zum Nachschlagen

In der Debatte um den Kurs der CDU plant die Parteivorsitzende Angela Merkel eine Broschüre zu den christlichen Werten der Partei. Martin Lohmann, Gründer des Arbeitskreises engagierter Katholiken in der CDU, nennt das Vorhaben im domradio.de-Interview einen ersten Schritt in die richtige Richtung.

 (DR)

domradio.de: Herr Lohmann, wie bewerten Sie aktuell das Profil der CDU? Hat sich seit Ausbruch der Profil-Debatte innerhalb der CDU vor ein paar Wochen schon etwas getan?  --
Martin Lohmann: Es hat sich zumindest so viel getan, dass man engagiert darüber spricht und diskutiert. Das Thema wird jetzt offensichtlich so betont, dass man auch im Adenauer-Haus nicht mehr darüber hinwegsehen kann. Wir haben ja Jahre erlebt, in denen man sagte: Das brauchen wir alles nicht, wir haben das alles. Wir brauchen keine Erinnerungen an das "C". Und der Arbeitskreis engagierter Katholiken wurde ja auch zunächst missachtet nach dem Motto: Das ist doch alles überflüssig. Offensichtlich ist es nicht überflüssig, inzwischen ist selbst Frau Merkel wach geworden - das ist schön so. Das ist ein erster guter Schritt in die richtige Richtung. Und ich hoffe, dass nicht nur die Vorstandsmitglieder, sondern die ganze Partei sich inhaltlich an dieser Debatte beteiligen kann, denn das ist ein Thema für alle.  



domradio.de: Glauben Sie, dass so eine Broschüre, wie sie Bundeskanzlerin Merkel plant, die christlichen Werte innerhalb der CDU stärken bzw. hervorheben könnte? --
Lohmann: Es ist zunächst einmal gut, dass wir über diese Themen sprechen. Es ist auch gut, dass die Parteivorsitzende sagt: Das müssen wir einmal festhalten. Ich wünsche mir, dass es ein gutes Papier wird, ein Papier in der Art des Manifests, der Charta, die die Senioren-Union vor einigen Wochen herausgegeben hat, ein Manifest für das Leben, eine Charta für das Leben. Dort stehen eigentlich alle Themen des Christlichen drin. Und die Senioren-Union, die zweitgrößte Organisation innerhalb der CDU, hat der CDU eigentlich vorgemacht, wo ihr Profil zu suchen ist und wo man es finden kann. Und deshalb glaube ich, dass wir auf einem guten Weg sind, allerdings entscheiden Papiere allein nicht. Wir brauchen Köpfe, wir brauchen Profil, wir brauchen Menschen, die für die Inhalte stehen, die überzeugend sind und die die Menschen an den Wahlurnen wieder davon überzeugen können, dass man die CDU wählen kann. Warum sollte man sie noch wählen, wenn sie sich von nichts unterscheidet.



domradio.de: Wo ist das Profil denn zu finden? --
Lohmann: Bei allem, was mit dem "C" zu tun hat. Das "C" ist Anspruch und nicht irgend etwas Beliebiges. Im "C" steckt das christliche Menschenbild. Im "C" kann man ablesen, was mit dem christlichen Menschenbild verbunden ist, worauf es ankommt in der Politik, dass ich eben eine menschengerechte Politik zu mache. Politik aus christlicher Verantwortung. Vor allen Dingen Fragen des Lebensschutzes, etwas ganz Entscheidendes, in dem wir uns von anderen unterscheiden. Das man sich darauf verlassen kann: Wer es mit der CDU zu tun hat, hat es mit Menschen zu tun, die wirklich die Unantastbarkeit des Lebensrechtes und die Würde des Menschen, wie sie in Artikel 1 des Grundgesetzes nieder- und festgeschrieben ist, respektieren. Und wer sich auch wirklich noch leiten lässt von den Koordinaten der Richtigkeit und der Wahrheit.



domradio.de: Ist das denn auch das wichtigste Thema in der - ich sag mal - C-Politik? --
Lohmann: Das ist ein sehr wichtiges Thema. Wir haben gerade in diesen Debatten in den letzten Jahren ja gemerkt, dass Menschen bei der PID-Diskussion oder eben auch bezüglich der Stammzellenforschung gesagt haben: Warum sagt denn keiner aus der CDU deutlich etwas, warum zeigt diese Partei mir nicht, dass es Grenzen gibt, die man nicht überschreiten kann, warum setzt man sich nicht für eine wirklich humane Gesellschaft ein? Wenn wir jetzt zum Beispiel mit der PID-Diskussion vor Augen haben, dass man Menschen selektieren darf, dass behindertes Leben nicht mehr lebenswert sein soll, dann ist das auch eine Anfrage an die Union, an diese Partei. Dann ist es gut, dass Frau Merkel gegen eine solche Vorgehensweise gewesen ist, dass sie sich für ein PID-Verbot ausgesprochen hat. Aber sie hat leider in der Debatte nicht das Wort ergriffen. Jetzt ergreift sie das Wort, jetzt sagt sie: Wir müssen einfach einmal die Themen festschreiben, was die CDU ausmacht, ansonsten steht die CDU vor einem Abgrund, aus dem sie sich nicht mehr erholen kann. Sie fällt nämlich dann ins Nichts, weil sie nichts mehr hat, was ihr einen gewissen Mehrwert gibt - der ist nicht mehr erkennbar.



domradio.de: Wie müsste denn Ihrer Meinung nach konkret die geforderte Rückbesinnung auf die christlichen Werte in der Politik aussehen? --
Lohmann: Vielleicht ist das ein Prozess, der etwas länger dauert. Der Prozess ist ja, Gott sei Dank, begonnen worden. Sie wissen, dass ich dieses Buch geschrieben habe: Das Kreuz mit dem C. Wie christlich ist die Union? Vor zwei Jahren ist das erschienen. Und dieses Buch hat damals eine heftige Debatte ausgelöst und ich wurde auch kräftig dafür beschimpft. Damit muss man leben, wenn man als Erster kommt und diese Themen entsprechend formuliert. Heutzutage kommen viele und sagen dasselbe. Auch das, was wir im Arbeitskreis engagierter Katholiken ausgelöst haben: Wir wollen einfach, dass man darüber spricht, das man sich darauf besinnt, was macht das Christliche aus. Es gibt keine christliche Politik, aber wohl eine Politik aus christlicher Verantwortung. Und die kann man in der Wirtschaftspolitik, in der Arbeitsmarktpolitik, in der Sicherheitspolitik und in der Lebenschancenpolitik allemal benennen, auch in der Innenpolitik. Und wenn die CDU das nicht kann, dann hat sie keine Existenzberechtigung mehr. Deshalb: Wir sind mit der CDU an einem Punkt angelangt, wo offensichtlich im Adenauer-Haus die Devise ausgegeben wurde: Fangt uns die Christen ein, fangt uns die kirchlich gebunden Wähler wieder ein, denn die sind in den letzten Jahren exorbitant hoch verloren gegangen. Man hat die CDU nicht mehr gewählt, weil man nicht mehr wusste, warum man sie wählen kann. Was unterscheidet die Union? Das muss jetzt deutlich werden. Schön, dass das vor dem Papstbesuch auch im Adenauer-Haus als Weckruf angekommen ist.





Hintergrund

In der Debatte um den Kurs der CDU plant die Parteivorsitzende Angela Merkel eine Broschüre zu den christlichen Werten der Partei. Alle Vorstandsmitglieder der CDU sollen bald Gelegenheit bekommen, sich ganz persönlich mit der anhaltenden Debatte über den Kurs der Partei auseinanderzusetzen.



Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, die Führungsriege der Partei solle an konkreten Beispielen aufzeigen, wie das christliche Wertefundament der CDU ihre Politik im Alltag präge. Generalsekretär Hermann Gröhe sei beauftragt, Beiträge von allen Vorstandsmitgliedern einzuholen. Das habe die Kanzlerin bei der Sitzung von CDU-Präsidium und Vorstand am vergangenen Montag angeregt.



Prominente CDU-Politiker wie die ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel und Bernhard Vogel hatten zuletzt eine Debatte über das Profil der CDU eingefordert. Teufel hatte erklärt, die CDU betone das Christliche nicht mehr stark genug. Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte demgegenüber erklärt, seine Partei nehme das "C" sehr ernst. Die CDU sei allerdings keine konfessionelle Einrichtung: "Wir machen auch keine christliche Politik, sondern wir machen Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes."