Brot für die Welt kritisiert Afrika-Konzept der Regierung

Widersprüchliche Ziele

Die Afrika-Pläne der Regierung bergen laut Brot für die Welt Risikopotential. Die wirtschaftlichen Interessen drohen der Armutsbekämpfung und dem Schutz der Menschenrechte übergeordnet zu werden, so Rainer Lang (Brot für die Welt) im domradio.de-Interview. Das Afrika-Konzept sieht vor, die wirtschaftliche Zusammenarbeit von Deutschland und rohstoffreichen Länder wie Kenia, Angola und Nigeria auszubauen.

 (DR)

domradio.de: Ist eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Ländern Afrikas wirklich gleichzeitig Entwicklungshilfe oder geht es hier in erster Linie doch nur um deutsche Interessen?

Rainer Lang (Brot für die Welt): Wir als Brot für die Welt sehen das skeptisch, wenn wirtschaftliche Interessen Deutschlands so einen hohen Stellenwert bekommen. Dann ist keine Balance da zwischen der Armutsbekämpfung und wirtschaftlicher Zusammenarbeit, dann werden diese Ziele den Armen zu helfen, die Menschenrechte durchzusetzen, eher  diesen wirtschaftlichen Interessen untergeordnet und da sehen wir als Hilfsorganisation eine große Gefahr.



domradio.de: Was kann denn diese neue Zusammenarbeit mit diesen Ländern in Afrika vielleicht doch auch  bewirken?

Lang: Es ist ein wichtiger Punkt, auch für uns als evangelisches Hilfswerk, wenn in der Wirtschaft durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen in Deutschland Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn neue Entwicklungen angestoßen werden. Das ist natürlich auch für uns ein wichtiger Aspekt. Andererseits zeigt sich, dass es bisher zu vielen Problemen kommt, gerade in Hinblick auf Rohstoffe. Dort, wo in afrikanischen Ländern Rohstoffe abgebaut werden, kommt es oft zu Vertreibungen der lokalen Bevölkerung. Wir wissen zum Beispiel von unserem Partner der evangelischen Kirche in Tansania. Wo Gold abgebaut wird, müssen ganze Dörfer weichen, werden Menschen vertrieben und die Umwelt wird sehr stark verschmutzt. Da wird auf die Menschen vor Ort keine Rücksicht genommen. Da muss ein Schwerpunkt darauf gelegt werden, dass dieses auch den Menschenrechten entsprechend geschieht.



domradio.de: Noch im Herbst hieß es von Markus Löning, dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, die Menschenrechte seien ein großer Teil der neuen Afrikapolitik. Wurde der Vorsatz also nicht umgesetzt?

Lang: Es stimmt, dass die Menschenrechte einen großen Teil einnehmen, aber in diesem Afrika-Konzept sind nicht diese Zielkonflikte genannt. Es stehen jetzt die Menschenrechte, die Armutsbekämpfung quasi als zielgleichberechtigt neben diesen wirtschaftlichen Interessen, neben diesen Interessen an Rohstoffen. Dass sich beide Ziele, die Werte, die man durchsetzen will und die Interessen, die man dabei hat, auch widersprechen können, dass es da Konflikte gibt, das ist in dem Papier nicht ausformuliert. Darauf weisen wir als evangelisches Hilfswerk hin, dass es hier zu Konflikten kommen kann, bei denen Menschen  unter die Räder kommen können. Denn die Beispiele sehen wir gegenwärtig in Afrika.  



domradio.de: Was wünschen Sie sich denn konkret als Hilfswerk in Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den afrikanischen Ländern?

Lang: Dass ganz klar die Orientierung an den Menschen, an ihren Rechten, an der Bekämpfung der Armut im Vordergrund steht und dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit diesen Zielen ganz klar dient und zur Entwicklung dieser Länder dient. Diese Länder brauchen eine wirtschaftliche Entwicklung. Aber es ist auch deutlich, dass wirtschaftliche Entwicklung nicht heißt, dass die Mehrheit der Bevölkerung davon profitiert. Das ist ein Problem, das wir zum Beispiel in Indien sehen. In Indien ist eine rasante wirtschaftliche Entwicklung da, aber 40 Prozent der Bevölkerung leben in absoluter Armut, profitieren also gar nicht von dieser Entwicklung. Dieser Zusammenhang muss in der Entwicklungszusammenarbeit für uns als Brot für die Welt gewährleistet sein.