Auszeichnung für Sozialpfarrer Meurer

Botschafter der Toleranz

Franz Meurer ist als "Botschafter für Demokratie und Toleranz" ausgezeichnet worden. Das "Bündnis für Demokratie und Toleranz - Gegen Extremismus und Gewalt" begründete seine Wahl damit, der Kölner Sozialpfarrer habe "in einem sozialen Brennpunkt mit seinen vielfältigen Angeboten Wesentliches zur Stadtteilentwicklung beigetragen".

 (DR)

Die Kirche sei dadurch ein neuer Zufluchtspunkt und Hoffnungsträger für die Menschen geworden, hieß es bei der Ehrung am Montag (23.05.2011) in Berlin. Das BfDT zeichnete ferner Kazim Erdogan aus, der sich im Berliner Stadtteil Neukölln mit zahlreichen Projekten für die Integration einsetzt sowie den Verein "StreetUniverCity Berlin", der Jugendlichen im Berliner Stadtteil Kreuzberg Workshops in den Bereichen Gesellschaft, Streetculture, Kunst und Medien sowie Sport anbietet.



Ferner ehrte das Bündnis Waltraud Thiele, die als Zeitzeugin für die Aufarbeitung der SED-Diktatur aktiv ist, und das Ehepaar Birgit und Horst Lohmeyer aus Mecklenburg-Vorpommern. Sie organisieren laut BfDT jährlich unter persönlichem Risiko ein dreitägiges Musikfestival, mit dem sie sich gegen Rechtsextremismus stark zu machen. Der mit jeweils 5.000 Euro dotierte Preis wurde zum elften Mal verliehen.



Pfarrer Meurer im BfDT-Potrait

Die Kölner Viertel Höhenberg und Vingst scheinen auf den ersten Blick kein Hort der Nächstenliebe zu sein: Ein Arbeiterviertel mit 23.000 Menschen, knapp 4000 davon leben von Hartz IV, jeder Dritte hat einen Migrationshintergrund. Köln Höhenberg-Vingst ist ein so genannter sozialer Brennpunkt - und doch gibt es gerade hier eine besondere Verbundenheit der Menschen und ein hohes Maß an Bemühen um ein harmonisches und friedliches Miteinander der Bewohner des Viertels.



Dies ist vor allem der Arbeit des katholischen Pfarrers und Jugendseelsorgers Franz Meurer zu verdanken, der die Gemeinde 1992 übernahm und gründlich umgekrempelt hat. Mit unermüdlichem Engagement setzt er sich für den vernachlässigten Stadtteil ein, mobilisiert und motiviert und hat das fast Unglaubliche erreicht: Dass bei sinkenden Mitgliederzahlen und Jugendschwund der Kirchen im Problemviertel Höhenberg-Vingst eine Kirche neuer Zufluchtspunkt und Hoffnungsträger für die Menschen geworden ist.



Meurer organisiert Kleider- und Essensausgaben an Arme, sorgt für Mittagsbetreuung für Kinder von Sozialhilfeempfängern, ruft sexualpädagogische Projekte ins Leben, gibt Bewerberbücher für Arbeitgeber mit Lebensläufen von Förderschülern heraus oder vermittelt Weiterbildungsmaßnahmen an Langzeitarbeitslose. Gemeinsam mit den Bewohnern des Viertels pflanzte er über 1000 Blumenbeete, um der Hochhauslandschaft ein grünes Antlitz zu verschaffen. Seine vielfältigen Angebote finden seit 2001 ihren Platz unter dem Dach des eigens von Pfarrer Meurer gegründeten Fördervereins Pro-Hövi, der neben Selbsthilfe-Projekten auch jedes Jahr das Hövi-Land, ein Sommercamp für sozial benachteiligte Kinder, realisiert. Unter dem Namen Hövi-Land erhalten jedes Jahr rund 500 Kinder des Stadtteils im Alter von 6-14 Jahren die Möglichkeit Ferien zu machen.



Sein Engagement hat ihm die Bezeichnung als "Ghettopfarrer" eingetragen, einen Titel, den er mit Stolz und Selbstironie trägt. Wenn man Franz Meurer und seine kirchliche Arbeit mit einem Adjektiv beschreiben müsste, so wäre es das Wort "unkonventionell". Der Katholik nimmt kein Blatt vor den Mund, hält nichts von Dogmen und abstrakten Predigten, sondern ist der Meinung, dass Kirche von unten gelebt werden muss, um die Menschen zu erreichen: "Wir warten nicht, ob jemand kommt. Wir wollen Kirche im Viertel sein, Teil der Lebenswelt der Menschen. So viel teilen wie möglich - das ist der Grundgedanke des praktischen Gemeindelebens."