Vor zehn Jahren besuchte Johannes Paul II. als erster Papst eine Moschee

Die Friedensbotschaft von Damaskus

Vor zehn Jahren, am 6. Mai 2001, setzte Johannes Paul II. ein denkwürdiges Zeichen: Als erster Papst der Geschichte besuchte er eine Moschee. Heute noch gilt der Besuch als ein zentrales Element für das Verhältnis zwischen Kirche und Islam. Viele muslimische Theologen beziehen sich auf diese Begegnung.

Autor/in:
Petr Jerabek
 (DR)

Den historischen Besuch absolvierte der alte Papst in Pantoffeln: Gemäß islamischen Brauchs streifte Johannes Paul II. seine Schuhe ab, bevor er die Omaijadenmoschee in der Damaskus betrat. Das Gehen fiel dem von seiner Parkinson-Erkrankung gezeichneten 80-Jährigen schwer, tief gebeugt stützte er sich auf einen Stock. --
--
Das Bauwerk aus dem siebten Jahrhundert zählt mit Mekka, Medina und Jerusalem zu den heiligen Zentren des Islam. In der Moschee befindet sich der Überlieferung zufolge das Grab von Johannes dem Täufer, der von Christen und von Muslimen verehrt wird. Vor dem Schrein verharrte Johannes Paul II. in stillem Gebet. Der Besuch wurde live im Fernsehen übertragen, das Bild vom Händedruck des Papstes mit Großmufti Mohammad Kuftaro ging um die Welt. --
--
Vergebungsbitte --
"Liebe muslimische Freunde", begann der Papst seine Ansprache und ließ den arabischen Gruß "Salem aleikum" folgen: Friede sei mit Euch. Und es war eine Friedensbotschaft, die Johannes Paul mit seinem Moschee-Besuch in die Welt senden wollte. "Es ist für die jungen Menschen von äußerster Wichtigkeit, dass ihnen die Wege des Respekts und des Verständnisses beigebracht werden, damit sie nicht dazu verleitet werden, die Religion selbst zur Förderung oder Rechtfertigung von Hass und Gewalt zu missbrauchen", mahnte er - vier Monate vor den Terroranschlägen vom 11. September in den USA. --
--
Sein Moschee-Besuch solle zur Weiterentwicklung des interreligiösen Dialogs zwischen der katholischen Kirche und dem Islam beitragen, betone Johannes Paul weiter und überraschte mit einer Vergebungsbitte: "Wann immer Muslime und Christen einander gekränkt haben, müssen wir den Allmächtigen dafür um Vergebung bitten und einander die Vergebung anbieten." Kuftaro zeigte sich dankbar für den Papstbesuch und sprach von einem "großartigen Tag für die Moslems in aller Welt". --
--
Folge des Konzils --
Die entscheidende Wende im Verhältnis der katholischen Kirche zum Islam hatte sich freilich schon dreieinhalb Jahrzehnte zuvor ereignet: 1965 während des Zweiten Vatikanischen Konzils mit der Erklärung "Nostra aetate" über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. Darin bekundete die Kirche ihre Hochachtung für Muslime und rief dazu auf, sich "aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemühen und gemeinsam für Frieden und Freiheit einzutreten". --
--
Das Konzil habe damit einen großen Schritt zur Würdigung des Islam als monotheistische Religion unternommen, sagt der Geschäftsführer der Fachstelle der Deutschen Bischofskonferenz für christlich-islamischen Dialog (Cibedo), Peter Hünseler. Vor diesem Hintergrund sei es neben anderen Entwicklungen, zum Beispiel der Einrichtung des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog, nur eine Frage der Zeit gewesen, wann ein Papst mit einer besonderen Geste ein Zeichen setze. Zwar gab es aus Sicht Hünselers für den christlich-islamischen Dialog wichtigere Ereignisse, den Muslimen aber habe der Papstbesuch in der Moschee sehr viel bedeutet: "Wenn ein Papst ein muslimisches Gotteshaus betritt, ist das aus deren Sicht eine wirkliche Würdigung." --
--
Wichtiger Schritt in die Zukunft --
Obwohl es im Vorfeld des Besuchs durchaus kontroverse Diskussionen gegeben habe, seien die Reaktionen weltweit "überwältigend gewesen", erinnert sich der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, der vor zehn Jahren als Journalist in Damaskus mit dabei war. "Nach den vielen Begegnungen mit Muslimen war der Papst erstmals in eine Moschee gekommen. Das haben Muslime und Kirchenvertreter als wichtigen Schritt in die Zukunft gewertet." --
--
Heute noch sei der Besuch ein "zentrales Element" für das Verhältnis zwischen Kirche und Islam, erläutert Kopp. "Viele muslimische Theologen beziehen sich auf diese Begegnung." Auch der Vorsitzende des Islamrats für die Bundesrepublik, Ali Kizilkaya, sagt, der Moschee-Besuch Johannes Pauls vor zehn Jahren sei ein "wichtiges Signal" gewesen: "Solche Besuche zeigen den gegenseitigen Respekt."