Thema Islam löst auch in den USA immer wieder Streit aus

Zwischen Generalverdacht und Integration

Die Kongressanhörung in den USA zum Thema Islam hat noch gar nicht stattgefunden - dennoch schlägt sie bereits Wellen in den Medien und der Politik. Kritiker verurteilten das für diesen Donnerstag im "Ausschuss für Heimatschutz" angesetzte Hearing über das "Ausmaß der Radikalisierung der amerikanischen muslimischen Bevölkerung" als voreingenommen. Damit würden alle US-amerikanischen Muslime verdächtigt.

Autor/in:
Konrad Ege
 (DR)

Dagegen verteidigte der Ausschussvorsitzende, der Republikaner Peter King, die von ihm anberaumte Sitzung mit Nachdruck. Die Radikalisierung mache der Polizei große Sorge. Auf "political correctness" könne man keine Rücksicht nehmen.



Die Anhörung hat offenbar auch das Weiße Haus verstimmt. US-Präsident Barack Obamas stellvertretender Sicherheitsberater, Denis McDonough, warnte unlängst in einer Moschee bei Washington vor der Ausgrenzung muslimischer Bürger. Man dürfe nicht den Eindruck vermitteln, einige Amerikaner seien wegen ihrer Religionszugehörigkeit keine richtigen Amerikaner, sagte McDonough. Solche Verdächtigungen führten manche Muslime in den USA möglicherweise tatsächlich zum Extremismus.



Warnung vor "radikalen Imamen"

Dagegen ist der Abgeordnete King offenbar von der "islamischen Gefahr" überzeugt. In einem Rundfunkinterview behauptete King, 80 Prozent der Moscheen in den USA würden von "radikalen Imamen" kontrolliert.



Der Politiker aus New York attackiert den Islam schon seit Jahren. Es gebe in den USA zu viele Moscheen, sagte er. Zudem kooperierten Muslime aus seiner Sicht bei Terrorismusermittlungen gewöhnlich nicht mit der Polizei. Der Politiker betätigt sich auch als Schriftsteller: In einem Roman ("Vale of Tears", dt. Tal der Tränen) schrieb King 2004 über eine muslimische Terrorgruppe aus New York und einen mutigen Kongressabgeordneten, der sich zur Wehr setzt.



Der demokratische Abgeordnete Keith Ellison, einer von zwei Muslimen im US-Kongress, stellte die Untersuchung über eine mögliche Radikalisierung der Muslime in den USA nicht grundsätzlich in Frage. Es sei aber falsch, eine Bevölkerungsgruppe allein zum Ziel zu machen, sagte Ellison dem Sender CNN.



Programmen für junge Menschen gegen radikale Trends

Eine Studie der Universität von North Carolina ergab kürzlich, dass viele Moscheen radikalen Trends entgegentreten, besonders mit Programmen für junge Menschen. In den USA stehen nach Angaben des Islamforschers Ihsan Bagby gegenwärtig etwa 1.900 Moscheen, knapp doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Dagegen gibt es mehr als 300.000 christliche Kirchen. Dennoch gibt es an einigen Orten erbitterte Proteste gegen Neubauten von islamischen Gotteshäusern.



Christliche Verbände sprachen sich gegen Kings Anhörung aus. Das Hearing verbreite implizit die Botschaft, Muslime seien anders als der Rest der Gesellschaft, bedauerte der Generalsekretär des ökumenischen Nationalen Kirchenrates, Michael Kinnamon. Der Geistliche erinnerte auch an das ungerechte Vorgehen der US-Regierung im Zweiten Weltkrieg gegen Bürger japanischer Abstammung, die zu Zehntausenden in Lagern eingesperrt wurden. Man müsse sich angesichts der aktuellen Diskriminierung muslimischer Bürger fragen, ob die Gesellschaft wirklich etwas gelernt habe.



Journalisten nahmen die Anhörung über die angebliche Bedrohung durch muslimischen Terrorismus zum Anlass, Kings Vergangenheit unter die Lupe zu nehmen. Die "Washington Post" berichtete, King sei in den 80er Jahren "einer der engagiertesten Verteidiger" der irischen IRA gewesen, die mit Terrormitteln gegen die britische Präsenz in Nordirland kämpfte. Es sei ironisch, dass dieser Unterstützer der IRA heute an einer "Hexenjagd" auf Muslime in den USA teilnehme, sagte der Sprecher des "Rates für Amerikanisch-Islamische Beziehungen", Ibrahim Hooper, in der "Post."