Bischof Ackermann fordert bei Friedenskongress Stärkung der UN

Die große Vision im Blick

Zu einer verstärkten Zusammenarbeit auf internationaler Ebene hat der Trierer Bischof Stephan Ackermann aufgerufen. Dies betreffe vor allem die UN. Bei einem friedensethischen Kongress von "Justita et Pax" sagte der Vorsitzende der Deutschen Kommission im Interview mit domradio.de, man dürfe "die große Vision von Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit" nicht aus dem Blick verlieren.

 (DR)

domradio.de: Das Thema Ihres Kongresses lautet recht abstrakt "Frieden und die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" - was heißt das konkret?

Ackermann: Der Anlass für unseren Kongress ist zunächst einmal, dass vor zehn Jahren wir deutschen Bischöfe die Schrift "Gerechter Frieden" herausgegeben haben; auch um nach den ganzen Umbruchsprozessen des Falls des Eisernen Vorhangs noch mal zu gucken, was bedeutet das als Konzept von Frieden und globaler Friedensordnung. Und jetzt ging es darum, nicht einfach ein Jubiläum zu feiern und sich auf die Schultern zu klopfen, sondern das jetzt zu verorten in der Situation, die wir zurzeit haben. Das ist der Anlass für den Kongress: nüchtern darauf zu schauen, wie muss auch die friedenspolitische Diskussion weitergeführt werden. Deshalb auch das Thema "Frieden und die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln".



Hintergrund: Aus Anlass des 10. Jahrestages der Veröffentlichung der Deutschen Bischöfe "Gerechter Friede" veranstaltet die Deutsche Kommission "Justitia et Pax" vom 25. bis zum 27. November 2010 einen friedenspolitischen Kongress zum Thema "Frieden und die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" in Berlin. Internationale Experten aus Kirche und Politik haben hier die Gelegenheit, anhand von konkreten Fallbeispielen (Afghanistan, Kongo, Bosnien-Herzegowina) sowohl prinzipielle Erwägungen als auch praktische Lösungsansätze zu diskutieren.



domradio.de: Ein Thema bei dem Kongress war auch Afghanistan, wo kein Frieden abzusehen ist. Was muss da geschehen?

Ackermann: Wir haben heute Morgen sehr ausführlich in einem Forum über die Situation in Afghanistan gesprochen. Es wurde sehr differenziert von den verschiedenen Teilnehmern geschaut. Es ist sehr nüchtern bilanziert worden, dass damals, als der Einsatz gestartet wurde, die Tragweite des Ganzen unterschätzt hat; dass es wichtig gewesen wäre, die Ziele konkreter zu definieren.



Hintergrund: Caritas international hat die von der Bundesregierung angestrebte zivil-militärische Zusammenarbeit in Afghanistan als Weg in die falsche Richtung bewertet. Die Bestrebungen zu einer stärkeren Verquickung seien "Ausdruck von Verzweiflung, Erfolge erreichen zu wollen", sagte Caritas-international-Leiter Oliver Müller bei dem Kongress. Aus gutem Grund verhielten sich Hilfsorganisationen auch unter Verweis auf internationale Konventionen sehr ablehnend. Der Leiter des Arbeitsstabs Afghanistan/Pakistan im Auswärtigen Amt, Philipp Ackermann, wandte sich dagegen, Fortschritte in Afghanistan auszublenden, und mahnte zu Geduld.



domradio.de: Inwiefern kann man als Bischof realpolitisch auf eine Situation wie die in Afghanistan schauen und inwiefern müsste man es idealistisch tun?

Ackermann: Das ist eine gute Frage: die nach einer Vermittlung zwischen Ideal- und Realpolitik. Natürlich ist ein Bischof kein Realpolitiker, ist sowieso kein Politiker. Ich sehe die Rolle des Bischofs stärker darin zu schauen, was sind die Grundprinzipien, die wir vor allen Dingen von unseren Überlegungen der Friedensethik, der katholischen Soziallehre her einzubringen haben. Das muss natürlich runtergebrochen werden in die konkreten Fragen, über die ja auch die Fachleute und Akteure, die vor Ort tätig sind, miteinander ins Gespräch kommen. Und die große Vision von Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit darf man dann nicht aus dem Blick verlieren, muss da immer auch mahnen, es eben aber auch verbinden mit den konkreten Herausforderungen.



domradio.de: Das große Thema Weltfriedensordnung steht auch auf dem Programm. Wie kann so etwas mehr als Utopie sein?

Ackermann: Insgesamt muss die Richtung heißen, die internationalen Organisationen, vor allen Dingen auf der Ebene der Vereinten Nationen, zu stärken und zu verbessern in der Wirksamkeit und in der verbindlichen Zusammenarbeit auf dieser Ebene. Wenn wir von Weltgemeinschaft sprechen, wenn manchmal sogar das Stichwort einer Weltinnenpolitik fällt, dann kann das eigentlich nur darin bestehen, auf dieser Ebene verbindlich weiter voranzuschreiten.



Das Gespräch führte Christian Schlegel.