amnesty-Bericht dokumentiert Rassismus und religiöse Verfolgung

"Klima der Intoleranz"

Menschenrechtsverletzungen in 159, Folter und Misshandlung in 111, in mindestens 96 Ländern eingeschränkte Meinungsfreiheit - so blickt amnesty international auf 2010 zurück. Es gebe aber auch einen "Meilenstein", so Monika Lüke, deutsche Generalsekretärin, gegenüber domradio.de.

 (DR)

Die Menschenrechtsorganisation registriert ein "Klima der Intoleranz", das zur menschenunwürdigen Behandlung von Migranten beigetragen habe. Als Beispiel für diese Tendenz führt ai die Entscheidung der Schweizer Bevölkerung für ein Bauverbot von Minaretten an. Hier seien mit Hilfe einer Volksinitiative "Rechte in Privilegien" umgewandelt worden, kritisiert amnesty in dem am Donnerstag (27.05.2010) in Berlin veröffentlichten Bericht.

Darüber hinaus kritisierte amnesty auch den europäischen Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden. Angeheizt durch Debatten zu Sicherheitsrisiken und Antiterrormaßnahmen sei ein "fruchtbarer Boden für populistische Rhetorik" entstanden. Die "reflexartige Reaktion" auf die Ankunft einer großen Zahl von Migranten sei häufig eine restriktive Asylpolitik. Maßnahmen wie das Abfangen von Flüchtlingen an der Grenze bezeichnete ai als "durchgängiges Muster von Menschenrechtsverletzungen". So seien im Mai 2009 auf drei Booten im Mittelmeer Hunderte von Migranten in Lebensgefahr geraten, weil die italienische Regierung die Menschen ohne Prüfung ihrer Fluchtgründe nach Libyen abschob.

Im Zuge des andauernden Antiterrorkampfes habe sich auch die Lage religiöser Minderheiten in vielen Staaten verschärft. Die Ausübung des Glaubens bleibe für Angehörige aller Religionen mit erheblichen Risiken, Folter, Haft und sogar Tod verbunden. In Europa hätten besonders islamische Gruppen Misstrauen auf sich gezogen - zum Teil unter Verletzung grundlegender Rechte, kritisiert ai. So nahmen Sicherheitskräfte in Usbekistan zahlreiche Personen fest, die verdächtigt wurden, in verbotenen islamistischen Parteien mitzuwirken. Viele von ihnen seien lange Zeit ohne Anklage inhaftiert und gefoltert worden.

Gewalt und Gesetzlosigkeit auch in Russland
Ein Klima extremer Gewalt und Gesetzlosigkeit registriert ai auch in Russland. Hier seien im vergangenen Jahr Menschenrechtsaktivisten und Journalisten verfolgt und getötet worden, ohne dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden. Besonders im Iran, im Irak und in anderen Staaten des Nahen Ostens waren Angehörige religiöser Minderheiten - wie die Christen - Diskriminierung und gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt, moniert amnesty. In Syrien seien 2009 Tausende von Kurden faktisch staatenlos gewesen, politisch aktive Angehörige der kurdischen Minderheit seien inhaftiert worden. Im Iran litten neben Sunniten und Schiiten vor allem Christen unter Schikanen und willkürlichen Festnahmen. Menschen, die vom Islam zu anderen Religionen konvertierten, laufen nach Angaben von ai Gefahr, verfolgt und zum Tode verurteilt zu werden.

In China unterwarfen die Behörden die Religionsausübung dem Bericht zufolge einer rigiden Kontrolle. Katholische und protestantische Christen, die ihren Glauben außerhalb des staatlich sanktionierten Rahmens praktizierten, seien drangsaliert und zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. In der Autonomen Uighurischen Region Xingjang, in der überwiegend muslimische Minderheiten leben, kam es im Juli nach Unruhen und gewaltsamen Konflikten zu Massenverhaftungen.

Auch in Indonesien sind religiöse Minderheitengruppen dem ai-Bericht zufolge weiterhin schutzlos gewalttätigen Angriffen ausgeliefert. In Myanmar wurde die verzweifelte Situation der Rohingya, einer verfolgten muslimischen Minderheit, im vergangenen Jahr deutlich, als Tausende von ihnen mit Booten Richtung Thailand und Malaysia flohen. Viele von ihnen, kritisiert amnesty, seien von thailändischen Sicherheitskräften ohne Wasser und Nahrung zurück aufs offene Meer geschickt worden.