Das schwere Erdbeben in Haiti hat nach Schätzung des Roten Kreuzes rund 50.000 Menschen das Leben gekostet.
Die Organisation berief sich dabei am Donnerstag (Ortszeit) auf Informationen ihres Helfernetzes in dem Karibikstaat. Für die Überlebenden gibt es drei Tage nach der Katastrophe kaum noch Trinkwasser. Die Seuchengefahr wächst.
Die Vereinten Nationen bestätigten den Tod von 36 ihrer rund 9.000 Mitarbeiter und Friedenssoldaten. 188 gelten noch als vermisst.
Hilfe läuft nur schleppend an
Die Verteilung der ersten eintreffenden Lebensmittel und Medikamente kommt nach Berichten der Hilfsorganisationen nur schleppend voran. Der Betrieb auf dem Flughafen der Hauptstadt Port-au-Prince kollabierte fast unter dem massiven Eintreffen internationaler Hilfsflüge. Flugzeuge mussten bis zu einer Stunde kreisen. Haitis Regierung bat zeitweise um die Aussetzung der Flüge.
"Die haitianische Regierung ist praktisch nicht handlungsfähig", sagte der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Die Hilfe müsse von außen kommen, vor allem aus den USA. In Haiti eingetroffen sind bereits Güter und Helfer aus den USA, Deutschland, China, Großbritannien, Frankreich, Kuba, Nicaragua und Island.
USA schickt Militär
US-Soldaten übernahmen laut Augenzeugen die Kontrolle des internationalen Flughafens. Sie sind Teil eines 100-Millionen-Dollar Hilfsprogramms, das US-Präsident Barack Obama am Donnerstag ankündigte. Es sieht die Entsendung von 2.000 Marineinfanteristen, zivilen Helfern, Schiffen, Transportflugzeugen und Hubschraubern vor.
In der verwüsteten Hauptstadt machten sich die eintreffenden Hilfslieferungen bisher kaum bemerkbar. Laut Auskunft des Büros der Diakonie Katastrophenhilfe in Port-au-Prince gibt es keine Lebensmittel und Medikamente. Zahlreiche Menschen sterben, weil die Krankenhäuser überfüllt sind.
Verwaltung zusammengebrochen
Erschwert wird die Hilfe durch die praktisch zusammengebrochene staatliche Verwaltung, wie der Botschafter Haitis am Vatikan, Carl Henri Guiteau, erklärte. "Wir konnten verschiedene Minister nicht kontaktieren. Es gibt keine Infrastruktur der Behörden mehr", sagte Guiteau in Rom. Er warnte zudem vor einem steigenden Epidemierisiko: "Angesichts der vielen Kadaver und Leichen in den Straßen ist das Epidemierisiko real."
Nach Angaben der EU-Kommission vom Donnerstagabend haben bereits zehn EU-Länder Hilfe für Haiti auf den Weg geschickt oder versprochen. Im Einsatz sind unter anderem Ärzte und Krankenschwestern, Hundesuchtrupps, technische Experten und Feuerwehrleute. Frankreich entsandte auch 67 Militärangehörige. Belgien stellte, ebenso wie Deutschland, unter anderem ein mobiles Krankenhaus. Etliche Länder schickten Ausrüstung zur Wasserreinigung. Die Niederlande sagten zwei Millionen Euro für humanitäre Hilfe zu.
Wiederaufbaukonferenz
DRK-Präsident Seiters begrüßte den Vorschlag des französischen Präsidenten Nikolas Sarkozy, eine Wiederaufbaukonferenz für Haiti einzuberufen. Die Haitianer müssten vor allem Hilfe zur Selbsthilfe erhalten. Außerdem sprach sich Seiters für einen höheren Stellenwert der Katastrophenvorsorge in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit aus. "Ein Euro vor der Katastrophe ersetzt vier Euro nach der Katastrophe", sagte Seiters.