Eine 71-jährige pilgert zu Fuß nach Jerusalem

"Wie das achte Weltwunder"

"Wie hätte ich denn Leute wie euch kennenlernen können, wenn ich mit dem Flugzeug gepilgert wäre?" Dies, sagt Elisabeth Bitter, ist ihre Standardantwort, wenn sie unterwegs wieder mal wie das "achte Weltwunder" behandelt wird. Die 71-Jährige ist vor ein paar Tagen in Jerusalem angekommen - nach 7.000 Kilometern zu Fuß.

 (DR)

Dabe durchquerte die Frau aus dem nordrhein-westfälischen Bad Berleburg die Schweiz, Italien, Griechenland und die Türkei, durch Syrien und Jordanien. «Möge Friede auf Erden sein» steht auf der Stele im Innenhof der Benediktinerabtei Dormitio auf dem Zionsberg, Herberge der weit gereisten Pilgerin in Jerusalem. Ein Spruch ganz im Sinne von Elisabeth Bitter: «Frieden zwischen den Religionen und zwischen den Völkern ist meine Botschaft, nicht nur für das Heilige Land.»

Für den Frieden hat sie auf ihrer neunmonatigen Tour gebetet. Und das Gebet ist der Grund, warum sie zu Fuß unterwegs ist. «Wie kann ich beten, wenn ich fliege? Da habe ich ja keine Zeit», lautet ihre selbstverständliche Erklärung für ein Unterfangen, das die meisten als verrückt bezeichnen. «Unterwegs wurde ich oft angestarrt wie das achte Weltwunder. Oft blieben die Menschen stehen, wenn ich an ihnen vorbeiging, und schauten. Manchmal wurde sogar die ganze Nachbarschaft zusammengerufen.»

Kein Wunder - Fußpilger ins Heilige Land sind selten: Nur drei Mitpilger, Franzosen, hat sie unterwegs getroffen. Dabei habe sie eigentlich «nur mal was anderes» machen wollen, sagt Elisabeth Bitter. Nach Santiago de Compostela ist sie schon mehrfach gelaufen, Neuseeland hat sie mit dem Fahrrad durchquert. Diesmal sollte es Rom sein. «Doch als ich da war, bin ich einfach weitergegangen.»

Vor allem für die Einreise nach Syrien war ihr Reiseziel ein
Problem: «Ich habe mein Ziel Jerusalem beim Visums-Antrag ehrlich angeben. Das Visum wurde natürlich strikt abgelehnt», sagt sie, «trotz Telefonats mit dem Botschafter». Der zweite Antrag - diesmal mit Zielangabe Jordanien - wurde angenommen. Aber, wie die gebürtige Rheinländerin sagt, «das Negative vergisst man schnell, zumal das Positive bei weitem überwiegt».

Beeindruckt von der Gastfreundschaft
Und weil fast jeder Tag etwas Besonderes zu bieten hat, fällt es ihr schwer, einzelne Höhepunkte ihrer Wallfahrt auszumachen. Das Wichtigste, sagt sie, wird jeweils im Tagebuch festgehalten. Beeindruckt ist Bitter von der Gastfreundschaft, die sie unterwegs erfahren hat, «vor allem in muslimischen Ländern». «Ich habe nie unter Brücken oder auf Straßen schlafen müssen, obwohl ich das vorher befürchtet hatte, weil mir wenig Geld zur Verfügung stand. Immer habe sie ein Bett bekommen. Schwierig wurde es erst in Israel. Die Übernachtungspreise sprengen ihr Reisebudget, sagt sie.

Der Ärger über die teuren Unterkünfte und darüber, dass kein Unterschied zwischen Buspilgern und Fußpilgern gemacht wird, ist der 71-Jährigen deutlich anzumerken. Ebenso schnell ist der Unmut vergessen, wenn sie von ihren Begegnungen auf dem Weg berichtet. Wie jene mit einem italienischen Bischof, der «mich durch die Stadt kutschierte», bis er eine Unterkunft in einem Kloster gefunden hatte.

Eigentlich, schmunzelt Elisabeth Bitter, ist Jerusalem das wichtigste Pilgerziel, dann an zweiter Stelle Rom vor Santiago. «Ich hab es halt umgekehrt gemacht, wie ich auch hier alles umgekehrt mache.» Das Grab Jesu in Jerusalem hat sie zuerst besucht. Ihr persönlicher Pilgerweg aber endete da, wo alles anfing: an Weihnachten in Bethlehem.