Russische Kirche erneuert Vorbehalte gegen Frau an EKD-Spitze

Keine Nettigkeiten

Die Differenzen zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und der Evangelischen Kirche in Deutschland nach der Wahl von Bischöfin Käßmann zur Ratsvorsitzenden dauern an. Die russische Kirche erneuerte ihre Vorbehalte, nachdem es zuvor Signale aus Moskau für ein Einlenken gegeben hatte. Die Entscheidung für eine Frau an der Spitze der EKD werfe die grundsätzliche Frage nach der künftigen Form der zwischenkirchlichen Kontakte auf, schreibt der Leiter des Kirchlichen Außenamtes des Moskauer Patriarchats, Erzbischof Hilarion, in einem Brief an Käßmann und den Auslandsbischof Martin Schindehütte.

 (DR)

Die Wahl zeuge davon, dass die EKD trotz eines Dialogs über 50 Jahre einen Weg gehe, «der die Unterschiede zwischen unseren Traditionen dramatisch vergrößert», stellt Hilarion fest. Dabei müsse die russische Kirche auch die Meinung der orthodoxen Gläubigen berücksichtigen. Für sie seien Treffen und Gespräche mit einer Kirche absolut unzulässig, die eine Frau als Vorsitzende habe.

Hilarion verweist auch auf eine zunehmende Verweltlichung der protestantischen Kirchen im Westen, die mit einer Liberalisierung von Werten und Moral einhergehe. Zugleich bietet er an, die neu entstandene Situation bei einem Deutschland-Besuch im kommenden Frühjahr zu erörtern.

Hilarion reagiert damit auf ein Schreiben von Käßmann und Schindehütte an Patriarch Kyrill I., das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen. Darin kritisierte die EKD, einige Vertreter des Außenamtes der russisch-orthodoxen Kirche hätten die Wahlen zum EKD-Rat in «unangemessener Weise» kommentiert. Zugleich versicherten Käßmann und Schindehütte aber, die evangelische Kirche sei weiter an einer Fortsetzung des wichtigen theologischen Dialogs «über christliche Zentralfragen» interessiert.

Zudem verwiesen sie darauf, dass unterschiedliche Auffassungen über den geistlichen Dienst von Frauen in der Kirche bisher «kein Hinderungsgrund für fruchtbare zwischenkirchliche Beziehungen auf bilateraler und multilateraler Ebene» gewesen seien.

Erzbischof Hilarion widerspricht Darstellungen russischer Medien, die von einem «Bruch der Beziehungen» mit der EKD gesprochen hätten. Er bedauerte, dass die Feierlichkeiten aus Anlass des 50-jährigen Bestehens des zwischenkirchlichen Dialogs Ende November abgesagt wurden. Diese Entscheidung sei von der EKD allein und ohne jegliche Abstimmung erfolgt.

«Wir begrüßen, dass Erzbischof Hilarion in dem Brief richtig stellt, dass weder er noch seine Mitarbeiter von einem 'Bruch der Beziehungen mit der EKD' gesprochen haben, wie es russische Medien dargestellt hatten, sondern dass er vielmehr zum Ausdruck bringt, dass er die langjährigen freundschaftlichen Beziehungen mit der EKD schätzt», sagte EKD-Pressesprecher Reinhard Mawick dem epd. Die evangelische Kirche begrüße ebenfalls die Absicht von Hilarion, im Frühjahr 2010 nach Deutschland zu kommen.

In einem epd-Gespräch hatte Käßmann kürzlich erklärt, zum Wesen der Ökumene gehöre es, Differenzen in gegenseitigem Respekt zu akzeptieren. Darunter falle auch die Anerkennung, dass in den Kirchen der Reformation Frauen und Laien kirchenleitende Positionen einnehmen: «Insofern kann es zur EKD keine offiziellen Kontakte an der Ratsvorsitzenden vorbei geben», unterstrich Käßmann die EKD-Position. Für die evangelische Kirche gebe es zum einen biblische Gründe für die Akzeptanz von Frauen in führenden kirchlichen Ämtern: «Frauen waren die ersten, die die Lehre Jesu verkündigt haben.» Zum anderen gebe es theologische Gründe durch die Grundüberzeugung vom Priestertum aller Getauften.