Das Amt des Verteidigungsministers war schon häufiger ein Schleudersitz

Jung tritt als Minister zurück

Der durch die neuen Kundus-Vorwürfe unter Druck geratene frühere Verteidigungs- und jetzige Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung gibt auf. Jung teilte am Freitag in Berlin "nach reiflicher Überlegung" seinen Rücktritt mit. Für etliche Verteidigungsminister endete die Karriere als Chef der Bundeswehr im Aus.

 (DR)

"Schleudersitz, Schlangengrube, ein Sack voller Minen". So hatte Manfred Wörner (CDU), Verteidigungsminister vom 4. Oktober 1982 bis zum 18. Mai 1988, einmal den Posten des Chefs der Bundeswehr bezeichnet. Bundespräsident Horst Köhler meinte, die "Arbeit an der Spitze der Bundeswehr ist hart". Für etliche Verteidigungsminister endete die Karriere als Chef der Bundeswehr im Aus.

Nach der Gründung der Bundeswehr 1955 wirft gleich der erste Verteidigungsminister Theodor Blank (CDU) nach 16-monatiger Amtszeit das Handtuch, weil sich der Aufbau der neuen deutschen Streitkräfte (Ziel: 500 000 Mann) nicht wie von ihm gewünscht bewältigen lässt. Sein Nachfolger Franz Josef Strauß (CSU) steht umgehend im Zentrum einer Debatte um Atomwaffen in Deutschland. Im Dezember 1962 stürzt Strauß über die "Spiegel"-Affäre, die Durchsuchung des Hamburger Nachrichtenmagazins nach einem kritischen Artikel über die Bundeswehr: "Bedingt abwehrbereit".

Kai-Uwe von Hassel (CDU) kommt wegen der Absturzserie der Kampfflugzeuge vom Typ "Starfighter" unter Beschuss. Dazu kommt ein Streit mit dem Generalinspekteur und dem Inspekteur der Luftwaffe. Von Hassel hält aber bis zur Bildung der Großen Koalition im Dezember 1966 durch. Gerhard Schröder (CDU) fühlt sich auf der Bonner Hardthöhe wohl, erkrankt jedoch schwer und hat Mühe seinem Nachfolger das Amt zu übergeben. Helmut Schmidt (SPD) zieht im Oktober 1969 als erster Sozialdemokrat auf der Hardthöhe ein. Anfang 1972 bricht er erschöpft zusammen.

Georg Leber (SPD), seit Juli 1972 "IBuK", Inhaber der Befehls - und Kommandogewalt, ist von Anfang an sehr beliebt bei der Truppe und wird "Vater der Soldaten" genannt. Im Februar 1978 stürzt der "Schorsch" über Abhöraktionen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD). Sein Nachfolger Hans Apel (SPD) - "Was interessiert mich, was ich gestern gesagt habe" - gerät bei der Affäre über die explodierenden Kosten für das Kampfflugzeug "Tornado" in heftige Kritik, widersteht aber allen Rücktrittsforderungen. Apel scheidet mit der sozialliberalen Koalition im Oktober 1982 aus dem Ministeramt.

Manfred Wörner (CDU) bietet Anfang 1984 Kanzler Helmut Kohl seinen Rücktritt an, nachdem sich die Frühpensionierung von General Günter Kießling wegen angeblicher Homosexualität als haltlos erweist. Kohl lehnt das Rücktrittsverlangen ab. Wörner wird im Mai 1988 NATO-Generalssekretär. Rupert Scholz (CDU) galt als "glücklos" und war bis April 1989 nach nur elf Monaten Dienstzeit der Bundeswehrchef mit der kürzesten Amtszeit. Gerhard Stoltenberg (CDU) musste seine Dienstzeit wegen der Lieferung von Panzern an die Türkei trotz gegenteiligen Beschlusses des Bundestages im März 1992 beenden.

Volker Rühe (CDU) räumte auf der Hardthöhe gründlich auf. Bei seinem Amtsantritt im April 1992 machte er den Generälen klar, dass er das Primat der Politik durchzusetzen gedenkt. Rühe wurde der am längsten dienende Verteidigungsminister und dienstältester der NATO. Rudolf Scharping (SPD) leistete sich viele schwere "Patzer" und fiel 2001 besonders schlecht auf, als er mit seiner damaligen Lebensgefährtin Kristina Gräfin Pilati in einem Hotelpool auf Mallorca planschte, während Bundeswehrsoldaten auf dem Balkan in ihren Einsatz gingen. Scharping musste am 18. Juli 2002 zurücktreten - nach Enthüllungen über Honorare des PR-Beraters Moritz Hunzinger.

Peter Struck (SPD) war als Verteidigungsminister vom 19. Juli 2002 bis zum 22. November 2005 bei den Soldaten sehr angesehen. Er ging stets geradezu "kumpelhaft" auf sie zu und kümmerte sich eingehend um ihre Probleme. Struck veränderte die Bundeswehr stärker als mancher seiner Vorgänger. Besonders wurde der Satz von Struck bekannt: "Unsere Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt". Mit dem Konzept zum Umbau der Streitkräfte schaffte es Struck, die Bundeswehr zu einer modernen für die Auslandseinsätze gerüsteten Armee zu machen.

Strucks Nachfolger Franz Josef Jung, der am 22. November 2005 sein Amt antrat, wurde nachgesagt, nie das "feeling" für die Truppe gefunden zu haben. Jung war der 14. Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland und wurde am 28. Oktober diesen Jahres mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet. Am selben Tag trat Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sein Amt im Berliner Bendler -Block an.

Der CDU-Politiker war nach Enthüllungen zu dem von einem deutschen Offizier Anfang September in Afghanistan befohlenen Luftangriff unter Druck geraten, wonach es bereits früh Hinweise auf zivile Opfer gab. Jung hatte zivile Opfer zunächst ausgeschlossen.