Das Fahrgastrechtegesetz tritt in Kraft - Verkehrslub kritisiert Beschwerdeverfahren

So kompliziert wie der Name?

Ab heute gilt das Gesetz über die Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr. Damit gibt es in Deutschland erstmals umfangreiche gesetzliche Rechte für Bahnreisende. Bisherige Ausgleichs- und Erstattungsleistungen beruhten bisher überwiegend auf freiwilligen Selbstverpflichtungen der Eisenbahn- und Nahverkehrsunternehmen. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) befürchet jedoch, dass die Rechte nicht alltagstauglich sind.

 (DR)

Aus Sicht des umweltorientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD) gibt das Gesetz den Unternehmen zwar einen Anreiz für mehr Pünktlichkeit im Bahnverkehr. Der VCD erwartet, dass dann mehr Menschen vom Auto oder Flugzeug auf die Bahn umsteigen. Allerdings befürchtet der Verkehrsclub gleichzeitig eine Verschlechterung der Beschwerdemöglichkeiten von Fahr- und Fluggästen.

Das von den Bahnunternehmen erstellte Beschwerdeformular, das ab Mittwoch erhältlich ist, sei zu umständlich. Anstatt es den Verbrauchern möglichst leicht zu machen, ihre Rechte im Verspätungsfall unbürokratisch und schnell wahrnehmen zu können, müssten sie einen Beschwerdebogen mit 48 Fragen ausfüllen.

Zudem stelle das neue Fahrgastrechtegesetz nicht sicher, dass sie künftig ihre Rechte tatsächlich wahrnehmen könnten, sagt der VCD-Bundesvorsitzende Michael Gehrmann. Hintergrund sei, dass die seit fünf Jahren bestehende und mit Steuermitteln finanzierte Schlichtungsstelle Mobilität beim VCD zum 1. Dezember abgeschafft werde. Sie werde im Rahmen des neuen Gesetzes durch eine komplett neue Schlichtungsstelle öffentlicher Verkehr in der Trägerschaft der Unternehmen ersetzt. Es gebe keine Übergabe, die bislang gesammelten Erfahrungen und Kontakte würden nicht weiter genutzt, und die Beschwerden von Kunden des öffentlichen Verkehrs könnten nicht nahtlos weiterbearbeitet werden, kritisierte Gehrmann. Die zuständigen Ministerien für Verbraucherschutz und Verkehr müssten hier dringend nachbessern, um auch künftig eine professionelle Schlichtung sicherzustellen.

Bahn- und Flugkunden sind überdies laut VCD gegenüber den Verkehrsunternehmen künftig eher schlechter gestellt. In ihrer derzeitigen Form könne die neue Stelle keine Anfragen von Fluggästen mehr entgegennehmen. Bislang habe sich kein einziges Flugunternehmen bereit erklärt, dem bisher nur von Bahnverkehrsunternehmen getragenen Trägerverein der neuen Schlichtungsstelle öffentlicher Verkehr beizutreten. Unklar sei auch, ob sich ausländische Fluggesellschaften überhaupt an der neuen Schlichtungsstelle beteiligen dürften.

Die wichtigsten Regelungen des neuen Fahrgastrechtegesetzes
- Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises bei einer Verspätung im Nah- und Fernverkehr ab 60 Minuten, 50 Prozent ab 120 Minuten. Das Gesetz sieht eine Bagatellgrenze von vier Euro vor. Das bedeutet, dass eine Erstattung erst ab einem Ticketpreis von 16 beziehungsweise 8 Euro möglich ist.

- Im Nahverkehr dürfen Bahnreisende einen anderen - auch höherwertigen Zug - nutzen, wenn eine Verspätung des ursprünglich gewählten Zuges von 20 Minuten droht.

- Erreichen Bahnkunden nachts wegen Verspätung oder Ausfall des Nahverkehrszuges ihr Ziel nicht mehr, haben sie Anspruch auf Erstattung von Taxikosten bis zu 80 Euro.

- Reisende sollen die Möglichkeit einer außergerichtlichen Schlichtung im Falle von Streitigkeiten zwischen Fahrgästen und Verkehrsunternehmen bei einer geeigneten Schlichtungsstelle erhalten.

Dem VCD gehen die Regelungen aber nicht weit genug. Er fordert Nachbesserungen wie eine Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises schon ab einer 30-minütigen Verspätung des Zuges und von 50 Prozent nach 60 Minuten. Ferner dürfe es keine Bagatellgrenze geben, da in der jetzigen Regelung der Nahverkehr praktisch von einer Erstattung ausgenommen sei. Auch im Fernverkehr müsse es bei Verspätung ein Recht auf Nutzung anderer Verkehrsmittel geben, fordert der VCD. Schließlich müsse eine unabhängige und verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle gewährleistet werden.

Einen Überblick über die neuen Fahrgastrechte bietet die Schlichtungsstelle Mobilität beim VCD in einer Broschüre, die im Internet unter
heruntergeladen werden kann.