G8 verliert an Bedeutung - Suche nach richtigem Gipfel-Format für die globalen Herausforderungen

"Die Welt wächst zusammen"

Der 1975 aus der Taufe gehobene Zusammenschluss der wichtigsten Industrieländer wird künftig an Bedeutung verlieren. Zum Abschluss des G8-Gipfels im italienischen L'Aquila machten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi deutlich, dass andere Formate unter Einschluss großer Schwellenländer an Wichtigkeit gewinnen werden. Gleichwohl will Merkel an der G8 als Ort der Meinungsbildung über die Finanz- und Außenpolitik festhalten. Merkel, Berlusconi und US-Präsident Barack Obama zeigten sich zufrieden mit dem dreitägigen Gipfel.

 (DR)

1975 hatten die USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien in Rambouillet (Frankreich) die Treffen der wichtigsten Industrieländer begründet, um die Wirtschaftspolitik besser abzustimmen. 1976 stieß Kanada hinzu, 1997 folgte Russland. Vor zwei Jahren hatte Deutschland die Präsidentschaft inne und rief den Heiligendamm-Prozess ins Leben. Der Dialog der G8-Staaten mit Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika wurde nun um weitere zwei Jahre verlängert. In L'Aquila gab es auch erstmals eine gemeinsame Abschlusserklärung, wie Merkel betonte.

Berlusconi bezeichnete diesen erweiterten Kreis als am geeignetsten für den Austausch über die wichtigsten globalen Themen. Eine noch größere Runde birgt nach Angaben des Ministerpräsidenten die Gefahr, dass weniger direkte Kontakte möglich und die Ergebnisse zu allgemein werden.

Merkel rechnet innerhalb des nächsten Jahres mit Entscheidungen über die künftige Gipfelarchitektur. Dabei sei zu klären, ob die G20 oder eine andere Runde das bestimmende Format sein werde. Der Heiligendamm-Prozess habe sich bewährt. «Die Welt wächst ein Stück zusammen», auch in der Art, wie die Akteure zusammenarbeiteten, betonte die Kanzlerin.

Obama hat sich bei der Strukturdebatte nach eigenen Worten zurückgehalten. Er habe festgestellt, dass jeder eine möglichst kleine Organisation favorisiere, aber dazugehören wolle. Ohne Staaten wie China, Indien und Brasilien werde man die globalen Herausforderungen aber nicht lösen können. Auch müssten Afrika und Lateinamerika international angemessen repräsentiert sein. Man werde hier ein richtiges Format finden. Grundsätzlich sprach sich Obama für weniger Gipfel aus und mahnte eine Reform und Revitalisierung der UNO an.

Zur Lösung der Probleme der Weltfinanzkrise hat sich das G20-Format etabliert. Der nächste Gipfel hierzu findet Ende September in Pittsburgh statt. Bis dahin werde man noch intensiver über eine Exit-Strategie diskutieren, sagte Merkel. Weitgehend geteilt worden sei in L'Aquila die Auffassung, dass der Zeitpunkt für eine Exit-Strategie so gewählt sein müsse, wenn man beim Aufstieg aus der Talsohle ein ganzes Stück vorangekommen sei. Obama betonte mit Blick auf die Weltwirtschaft, man könne noch nicht von einer Erholung sprechen. Es wäre verfehlt, die Konjunkturpakete schon abzuschaffen. Wichtig sei aber auch, nach der Erholung für Nachhaltigkeit zu sorgen.

Am letzten Gipfeltag standen Gespräche mit Vertretern afrikanischer Staaten über die Lebensmittelsicherheit und Trinkwasserversorgung in Afrika im Mittelpunkt. Die zunächst geplanten Zusagen von 15 Milliarden Dollar für die dortigen Bauern wurden auf 20 Milliarden Dollar aufgestockt, wie Berlusconi und Obama mitteilten. Merkel machte deutlich, dass Deutschland seine Entwicklungshilfe auch in Krisenzeiten nicht kürzen werde. Deutschland sieht sich mit einer Entwicklungshilfequote von 0,38 Prozent als zweitgrößter Geber der Welt.

Merkel bezeichnete das Treffen in der Erdbebenregion der italienischen Abruzzen als «sehr schönen und umfangreich organisierten Gipfel». Obama sprach von einem sehr produktiven Gipfel und betonte, man könne die Zukunft entweder gestalten oder sich ihr ausliefern. Die Fortschritte auf dem Gipfel zeigten, dass man den ersteren Weg gehen wolle.

Gastgeber Berlusconi zeigte sich zufrieden mit dem Gipfel, der in einer Polizeikaserne am Rande der zerstörten Altstadt von L'Aquila stattfand. Berlusconi versicherte, man werde die Stadt wieder aufbauen und sie noch schöner machen als sie vorher gewesen sei.