Honduras: Zwei Präsidenten ringen um die Macht

Warten auf ein Wort der Kirche

Nach dem Staatsstreich in Honduras haben sich mehrere lateinamerikanische Staaten hinter den vom Militär gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya gestellt. Auch US-Präsident Barack Obama und die EU äußerten sich "tief besorgt". Mit Spannung wird nun die Reaktion der katholischen Kirche in Honduras erwartet.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Kaum hatte Honduras neuer Machthaber Roberto Micheletti den Amtseid abgeleistet und mehr Demokratie für das mittelamerikanische Land versprochen, richtete er seinen Dank an das Militär und die Geistlichkeit: "Danke an die Kirche, Danke an das Militär", rief er den Abgeordneten im Nationalkongress zu. Vor den Türen der politischen Kammer ging es derweil weniger demokratisch zu: Nach Medienberichten wurden einige Mitglieder aus dem alten Kabinett des entmachteten Präsidenten Manuel Zelaya verhaftet. Mehr als 1.000 wütende Demonstranten protestierten gegen den Staatsstreich.

Zuvor hatten sich die Ereignisse überschlagen, die am Sonntagmorgen
(Ortszeit) mit der "Entführung" des bisherigen Amtsinhabers und Parteikollegen Michelettis begonnen: Eine Spezialeinheit der Armee hatte den linksgerichteten Staats- und Regierungschef nach Costa Rica gebracht. Die Umstände der Aktion sind bislang ungeklärt.

Zelaya: Opfer einer politisch-militärischen Verschwörung
Während Zelaya im Laufe einer Pressekonferenz im Exil davon sprach, gegen seinen Willen entführt und das Opfer einer "politisch-militärischen Verschwörung" zu sein, hieß es aus offiziellen Kreisen, der entmachtete Präsident habe seinen Rücktritt freiwillig erklärt.

Die Lage hatte sich seit Tagen dramatisch zugespitzt. Im Kern ging es um ein von Zelaya angestrebtes Referendum, das ihm nach den mittlerweile in vielen lateinamerikanischen Staaten üblichen Muster mittels einer Verfassungsänderung den Verbleib an der Macht sichern sollte. Ohne diesen politischen Schachzug wäre die Amtszeit des 56 Jahre alten Bauingenieurs mit den Präsidentschaftswahlen im November unwiderruflich zu Ende gegangen. Unmittelbar vor dem Volksentscheid hatte sich der Präsident sowohl mit dem obersten Gerichtshof als auch der militärischen Führung des Landes überworfen und den Verteidigungsminister entlassen. In dieser Situation schwang sich Micheletti an die Macht. Seinen Schritt begründete der neue starke Mann in Honduras mit der Illegalität des angesetzten Referendums.

Internationale Kritik
Die internationale Staatengemeinschaft kritisierte das Vorgehen Michelettis. Sowohl US-Präsident Barack Obama als auch die Europäische Union verweigerten ihm die Anerkennung. Wenig später ging Michelettis Rivale Zelaya zum Gegenangriff über. An der Seite der Präsidenten Hugo Chavez aus Venezuela, Rafael Correa aus Ecuador und Daniel Ortega aus Nicaragua unterstrich Zelaya auf einer eigens einberufenen Krisensitzung der sozialistischen Staatengemeinschaft ALBA in der nicaraguanischen Hauptstadt Managua noch in der Nacht seinen Anspruch auf das Präsidentenamt.

"Ich fühle mich weiter als Präsident von Honduras." Chavez und Correa begrüßten den entmachteten Präsident mit demonstrativen Umarmungen.

Warten auf die Kirche
Mit Spannung wird nun die Reaktion der katholischen Kirche in Honduras erwartet. "Ich will die Stimme von Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga hören", so forderte der aus dem Amt vertriebene Zelaya in einer offiziellen Stellungnahme. Der Vorsitzende der Honduranischen Bischofskonferenz traf nach Angaben der Zeitung "La Tribuna" am Sonntag in Honduras ein, wollte sich aber zunächst nicht zur dramatischen Lage äußern.

Derweil versuchte Roberto Micheletti mit seinem demonstrativen öffentlichen Dank die Kirche unter Zugzwang zu setzen. Eine offizielle Anerkennung der neuen Regierung war aus Kreisen der honduranischen Bischöfe bislang zwar nicht zu hören. Weihbischof Darwin Andino Ramirez aus Maradiagas Erzbistum Tegucigalpa hatte allerdings noch am Samstag die kritische Haltung der Kirche zu dem von Zelaya geplanten Referendum bekräftigt. "Ein Christ darf nicht die Illegalität unterstützen. Ein Christ muss auf der Seite der Legalität stehen", zitierte ihn die Tageszeitung "La Prensa".

Politische Beobachter bewerten die offizielle Haltung der katholische Kirche als einen entscheidenden Faktor für den Fortbestand der neuen Regierung. Sollte Kardinal Maradiaga den neuen Machthabern die Anerkennung verweigern, dürfte die Luft für Roberto Micheletti auch angesichts der internationalen Ablehnung dünn werden.