Getötete Frauen könnten als fromme Christinnen zum Opfer geworden sein

Mord aus religiösen Motiven?

Nach dem Tod von zwei deutschen Pflegehelferinnen im Jemen ist ein Expertenteam in die Hauptstadt Sanaa gereist, um die Frauen endgültig zu identifizieren. Unklar ist das Schicksal einer fünfköpfigen Familie aus Deutschland und eines Briten. Die beiden ermordeten jungen Frauen waren Studentinnen eines strenggläubigen, christlichen Vereins aus Westfalen. Für die niederländische Hilfsorganisation Worldwide Services in dem arabischen Land. Sicherheitsexperten befürchten einen Mord aus religiösen Motiven.

 (DR)

Es sei nicht auszuschließen, dass die Frauen als fromme Christinnen auffielen und deshalb getötet wurden. Sicherheitsexperten warnen schon lange, christliche Mission sei gerade in islamischen Ländern hoch riskant. Bundeskanzlerin Merkel sprach von einer sehr traurigen Nachricht. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes sei weiterhin bemüht, das Schicksal der anderen Geiseln aufzuklären, fügte sie hinzu.

Anita G. (24) und Rita S. (26), Mitglieder der «Bibelschule Brake» im nordrhein-westfälischen Lemgo, seien möglicherweise als fromme Christinnen aufgefallen und deshalb getötet worden, zitiert der «Tagesspiegel» (Mittwoch) einen namentlich nicht genannten Experten aus Sicherheitskreisen. Die Tötung weiblicher Geiseln sei untypisch; islamische Terroristen brächten in der Regel zuerst Männer um.

Nach Angaben der Bibelschule hatten die beiden Studentinnen im Jemen ein dreimonatiges Praktikum bei einer niederländischen Hilfsorganisation absolviert. Dazu hätten sie sich wegen «ihres ausgeprägten sozialdiakonischen Engagements» entschlossen, hieß es auf der Webseite der Lemgoer Organisation.

«Die beiden wussten, dass es im Jemen gefährlich werden könnte, aber es waren aufgeweckte, beherzte Frauen, die mit beiden Beinen im Leben standen. Auch deshalb haben wir uns keine Sorgen gemacht, als sie dorthin gereist sind», sagte Volker Hillebrenner, ein Assistent der Schulleitung in Lemgo, dem in Bielefeld erscheinenden «Westfalen-Blatt» (Mittwochausgabe). Die Frauen seien eindrücklich darauf hingewiesen worden, in dem islamischen Land nur zu helfen, aber auf keinen Fall zu missionieren.

Die freikirchliche Bibelschule, die der Evangelischen Allianz nahesteht, bildet nach eigenen Angaben Schüler in einer dreijährigen Ausbildung für hauptamtliche und nebenamtliche Dienste in der Gemeinde und Mission aus.

Nach Angaben der Konferenz Bibeltreuer Ausbildungsstätten gibt es keinen genauen Überblick über die Missionare von Bibelschulen im Ausland. In dem Verein sind 33 Bibelschulen - teils auch aus dem europäischen Ausland - organisiert. Die insgesamt rund 1820 Absolventen aus Lemgo arbeiten hauptamtlich oder nebenberuflich etwa als Kinder- und Jugendmissionare, als Gemeindeleiter, Prediger, Lehrer oder Missionare in rund 60 Ländern der Welt. Im Missionsdienst in der Dritten Welt sind Bibelschüler oft humanitär im Auftrag der kirchlichen Missionswerke tätig.

Wulff: Tiefe Bestürzung über Mord
Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat sich tief bestürzt über die Ermordung der zwei Frauen aus Niedersachsen gezeigt. «Beide hatten sich bewusst für den Dienst christlicher Nächstenliebe entschieden und sind grausamen Verbrechern in die Hände gefallen», sagte Wulff am Mittwoch in Hannover. «Wir verneigen uns vor dem Mut, andere Menschen in den ärmsten Regionen dieser Welt trotz aller Gefahren nicht allein zu lassen», sagte der Ministerpräsident.

Wulff sagte weiter, die Nachricht habe die Landesregierung tief erschüttert. «Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen und Freunden der beiden Frauen. Wir sind in Gedanken bei ihnen.» Für den Tag der Trauerfeier kündigte er Beflaggung an öffentlichen Gebäuden im Land an. Zeitpunkt und Ort der Trauerfeier stünden noch nicht fest, teilte eine Sprecherin der Landesregierung auf Anfrage mit. Näheres sei zunächst mit den Angehörigen der Opfer zu klären.

Auch die Lippische Landeskirche äußerte sich bestürzt über den Tod der zwei jungen Frauen. «Wir sind tief erschüttert», sagte der Theologische Kirchenrat Andreas-Christian Tübler in Detmold. Es mache sehr betroffen, dass die Opfer bei einem diakonisch-missionarischen Einsatz ums Leben gekommen seien. «Wir trauern mit den Angehörigen, wir werden sie und die Opfer in unsere Gebete einschließen», sagte der Theologe.