Hugo Chávez gewinnt Verfassungsreferendum

"Ich bin ein Soldat des Volkes"

Kaum hatte Tibisay Lucena als Leiterin der nationalen Wahlbehörde in der Nacht zum Montag das Ergebnis verkündet, da schickte Hugo Chavez vom Balkon des Präsidentenpalastes in Caracas schon eine Kampfansage in Richtung Opposition. "Dies ist der Sieg eines mutigen Volkes", rief er seinen jubelnden Anhängern zu.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Mit erhobener Faust kündigte er sogleich eine Fortsetzung des "Sieges der Revolution" an. Venezuelas Präsident hat die mit Spannung erwartete Machtprobe gewonnen: Knapp über 54 Prozent der rund zwölf Millionen wahlberechtigten Einwohner des südamerikanischen Landes stimmten nach offiziellen Angaben mit "Ja" für die fünf neuen Artikel der Verfassung, die unter anderem Chavez eine Wiederwahl ermöglichen könnten.

Die Opposition zweifelte in ersten Reaktionen das Ergebnis der Abstimmung an. Viele ihrer Politiker kritisierten die vorzeitige Bekanntgabe des Wahlsieges durch die regierende Vereinte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) noch vor Veröffentlichung der ersten Ergebnisse. Ismael Garcia von der oppositionellen Partei Podemos und Ex-Präsidentschaftskandidat Andres Velasquez zweifelten gar in einer ersten Stellungnahme die Gültigkeit der Verfassungsänderung an, da ihnen andere Zahlen vorlägen. Studentenvertreter Rafael Rojas sagte dem TV-Sender Globovision: "Wir werden uns nicht von der Regierung betrügen lassen."

"Ihr seid mein Chef
Das alles trübte die Freude von Hugo Chavez nicht: Der 54 Jahre alte ehemalige Oberstleutnant will erneut als Staatschef kandidieren. Bisher war einem Präsidenten Venezuelas ähnlich wie in den USA eine dritte Amtszeit nicht möglich. Die Abschaffung dieser Regelung wird nun auf alle Mandatsträger im Lande ausgedehnt.

Chavez, dessen erster Gratulant nach eigenen Angaben Kubas greiser Ex-Staatschef Fidel Castro war, griff in seiner Rede vom Balkon im Stadtteil Miraflores zu einer gehörigen Portion Pathos: "Die Welt soll sehen, wie der Stern des Volkes von Simon Bolivar strahlt", rief er vor jubelnden Anhängern mit Blick auf den legendären lateinamerikanischen Unabhängigkeitskämpfer. "Hier bleibe ich, standhaft. Befehlige mich, Volk, ich werde euch zu gehorchen wissen. Ich bin ein Soldat des Volkes, ihr seid mein Chef."

"Sozialismus des 21. Jahrhunderts"
Noch am Sonntag hatte Chavez seine persönliche Zukunft mit dem Ausgang des Votums verknüpft. Damit stehe sein politisches Schicksal zur Wahl. Nun geht der selbst ernannte Vorreiter des "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" gestärkt in die zweite Hälfte seiner Amtszeit. Nach dem Erfolg von Evo Morales beim Verfassungsreferendum in Bolivien vor wenigen Wochen ist der Chavez-Sieg der zweite bemerkenswerte Sieg der Linken in Lateinamerika.

Das war nicht unbedingt zu erwarten: Dem Urnengang in Venezuela ging ein wochenlanger Streit um die Verfassungsänderung voraus. Die katholische Kirche etwa hatte sich gegen eine Änderung des Grundgesetzes ausgesprochen, da das Volk bereits 2007 einen ähnlichen Vorstoß abgelehnt hatte. Noch am Wahlwochenende hatten die venezolanischen Bischöfe in einem Hirtenbrief die Christen des Landes aufgefordert "ohne Angst" an die Wahlurnen zu gehen.