Interview: Tankred Dorst und Ursula Ehler-Dorst

Die Rätselhaftigkeit der Welt

Am Wochenende wurden Tankred Dorst und Ursula Ehler-Dorst mit dem "Kunst- und Kulturpreis der deutschen Katholiken" ausgezeichnet. domradio-Redakteurin Birgitt Schippers sprach mit dem Dramatiker-Ehepaar über die Ehrung und die gemeinsame geistige Grundlage ihres Schaffens.

 (DR)

domradio: Welchen Stellenwert hat dieser Kulturpreis der Katholiken für Sie?
Tankred Dorst: Natürlich ist ein katholischer Preis ein besonderer. Allerdings bin ich selber gar nicht katholisch. Meine Frau dagegen: Sie stammt aus Bamberg und hat einen sehr katholischen Hintergrund. Natürlich habe ich in vielen meiner Stücke - ungewollt, ohne, dass ich meinen Daumen darauf lege - ganz klar die Vorstellung, dass eine soziologische und psychologische Betrachtung nicht ausreicht, einen Menschen zu bestimmen, ihn in die Kategorien Gut und Böse festzulegen. Es gibt eben doch auch einen geheimnisvollen Freiraum, wo die Menschen auch das Ungenügen an der Welt und ihrem eigenen Verhalten spüren. Und das ist natürlich ein Raum, in dem Religion entscheidend ist.
domradio: In der Laudation wurde sehr viel die Frage nach der Existenz des Menschen gestellt; sie sei immer auch die Suche nach dem verborgenen Gott. Fühlen Sie sich da von diesen lobenden Worten der Katholiken vereinbart?
Tankred Dorst: Nein, eigentlich nicht. Ich hatte die Begründungen der Laudatio bereits im Vorfeld gelesen - und sie haben mir sehr gut gefallen. Sie entsprechen meiner Anschauung der Welt doch sehr.
domradio: Frau Ehlers - Sie haben in ihrer Dankrede das gemeinsame Menschenbild von Ihnen und Ihrem Mann angesprochen...
Ursula Ehler-Dorst: Dieses Menschen- und Weltbild ist hier in der Kürze nicht leicht auszubreiten. Aber es ist einfach so, das merkt man im Laufe der Zeit: Je näher man sich kommt, desto stärker bildet sich das Verständnis für den anderen heraus. Ein Punkt: Die Rätselhaftigkeit der Welt. Je älter ich geworden bin, desto stärker ist mir das klar geworden. Wir gehören zu einem Land, dessen jüngere Geschichte einen nicht loslässt. Wie können Menschen, die sonst ordentlich funktionieren innerhalb bestimmter Werte-Ordnungen zu solchen Verbrechern werden? Die ganze Bevölkerung war beteiligt, nicht nur zwei oder drei Übeltäter. Und dann ist auf einmal alles vorbei.

Hören Sie hier das Interview in voller Länge nach.