Dramatiker-Ehepaar Dorst mit Katholischem Kulturpreis geehrt

Misstrauen gegen Utopien

Die katholische Kirche hat das Dramatiker-Ehepaar Tankred Dorst und Ursula Ehler-Dorst mit dem katholischen Kunst- und Kulturpreis geehrt. Das Paar erhielt am Samstag die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung in Essen, teilte die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn mit. Die Bischöfe würdigten das Paar, das zu den bekanntesten und produktivsten Theater, Film- und Fernsehautoren Deutschlands gehöre, hieß es.

 (DR)

Das Ehepaar gehört zu den bekanntesten und produktivsten Theaterautoren Deutschlands. Sie schrieben gemeinsam mehr als 30 Dramen, daneben auch zahlreiche Bühnenadaptionen, Filmskripte, Fernsehspiele, Erzählungen und Libretti. Der von Bischofskonferenz und ZdK zum sechsten Mal verliehene Kunst- und Kulturpreis ist die wichtigste Auszeichnung des katholischen Kultursektors. Frühere Preisträger waren etwa Andrzej Szczypiorski, Theo Angelopoulos und Gerhard Richter.

"Die Theaterautoren thematisieren in ihrem Werk das Dasein auf der Erde als ursprünglichem Paradies, das der Mensch durch eigene Schuld immer wieder verliert, weil er es gefährdet und zerstört", heißt es in der Begründung der Jury. Der Schrei des Menschen nach dem verborgenen Gott setze die Existenz Gottes voraus und verhalle nicht ungehört. Das werde etwa in Dorsts berühmten Dramen "Merlin oder das wüste Land" (1981) oder "Korbes" (1988) deutlich.

Zollitsch würdigte das Ehepaar Dorst als "herausragende Dramatiker unserer Zeit". Nach Einschätzung des Erzbischofs ist von den "früheren wechselseitigen Unterstellungen zwischen Theater und Kirche" kaum noch etwas zu spüren. "Viele Dramatiker und Regisseure haben heute gar keine Berührungsängste zu Glaube und Religion", so der Konferenz-Vorsitzende. Religiös aufgeladene Neuinszenierungen und sakrale Umdeutungen bekannter Stücke sowie Uraufführungen neuer Stücke, die christliche Themen ganz unverhohlen bejahend aufgriffen, prägten die Spielpläne.

Meyer verwies auf das intensive gemeinsame literarische Schaffen des Ehepaares. Ihr Werk habe sich seit fast vier Jahrzehnten in einem fruchtbaren Dialog entwickelt. Die Berliner Theaterwissenschaftlerin Gabriele Brandstetter sagte in ihrer Laudatio, Dorst und Ehler entwickelten ihre Stücke nicht von einer Gesellschaftstheorie her, sondern durch die genaue Beobachtung von Menschen, ihres widersprüchlichen Verhaltens und ihrer Katastrophen. Dabei hätten die Autoren eine große Vielfalt von Textformen und dramaturgischen Verfahren erprobt.

Der Dramatiker, Regisseur und Drehbuchschreiber Tankred Dorst stammt aus Oberlind bei Sonneberg in Thüringen. Nach Kriegseinsatz und US-Gefangenschaft studierte er in Bamberg und München Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Erste Bühnenerfahrungen sammelte er Mitte der 50er Jahre in München bei einem studentischen Marionettentheater. Ab den 60er Jahren entwickelte er seinen kooperativen Arbeitsstil: Er wirkte an der praktischen Umsetzung der von ihm verfassten, übersetzten oder bearbeiteten Bühnenstücke, Film- und Funkprojekte mit. In den 80er Jahren beschäftigte sich Dorst insbesondere mit der Welt der Märchen und Mythen und versuchte, die Bilderwelt des Unbewussten szenisch umzusetzen. Im Sommer 2006 inszenierte er in Bayreuth Richard Wagners "Ring". Dorst wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet; 1990 erhielt er den Georg-Büchner-Preis.

Ursula Ehler-Dorst stammt aus Bamberg. Sie studierte Bildhauerei an der Akademie der Künste in München und engagierte sich zunächst als Bibliothekarin und im Puppenspiel am Münchener Studententheater "Das kleine Spiel". Ehler-Dorst schrieb zahlreiche Drehbücher und arbeitet seit 1971 mit Dorst zusammen.