Merkel zufrieden mit China-Reise

Kritik und Kooperation

Nicht alles entwickelt sich in China so rasant wie die Wirtschaft, Bevölkerungszahl und Umweltverschmutzung. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag in Nanjing mit Studentin über die Karrierechancen von Frauen und die Kindergartenbetreuung plauderte, meinte eine junge Chinesin: "Das braucht noch viel Zeit." Von der Kanzlerin kamen aufmunternde Worte: "Den Frauen sage ich: Setzen Sie sich durch."

Autor/in:
Stefan Uhlmann
 (DR)

Auch bei anderen Themen sprach die Kanzlerin am Montag und Dienstag Klartext in China. Dabei ließ Merkel kein heikles Thema aus. Die Menschenrechtslage sprach sie immer wieder an und ließ dabei auch die Todesstrafe in China nicht unerwähnt. Auch die Klimaproblematik und Fragen der Produktpiraterie spielten prominent eine Rolle. Für ihr Agieren in Peking gab es nicht nur Lob von Managern vor Ort, sondern auch parteiübergreifende Anerkennung der mitreisenden Bundestagsabgeordneten.

Für das Thema Menschenrechte sieht die Bundesregierung derzeit günstige Vorzeichen, um diese in Peking anzusprechen. Denn in einem Jahr finden hier Olympische Spiele statt. Merkel forderte China auf, diese als "riesige Chance" zu verstehen, sich der Welt zu präsentieren, auch mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit. Wichtig in dem Zusammenhang war der Kanzlerin das Treffen mit vier kritischen Journalisten, um ein ungeschminktes Bild von der Lage der Presse in China zu bekommen.

In Sachen Klimaschutz reist Merkel nicht unzufrieden aus China ab. Hier soll es künftig einen "strategischen Dialog" zwischen beiden Ländern auf Regierungsebene geben. China hat sich erste CO2-Reduktionsziele gesetzt, für die Merkel angesichts der hohen Wachstumsraten der Wirtschaft von zehn Prozent Anerkennung zollt. Gleichwohl erhofft die Bundesregierung nicht zuletzt angesichts der Ende des Jahres startenden Verhandlungen über ein Kyoto-Nachfolgeprotokoll mehr Verantwortung von China.

Das Umweltproblem hat die chinesische Führung erkannt. Die Chinesen wollten blauen Himmel, grüne Berge und klares Wasser, sagte Premier Wen Jiabao. Von dem blauen Himmel war am Dienstag in Peking nicht viel zu sehen. Smog hing über der Stadt, die Sonne war nur als matte, helle Scheibe zu sehen.

Auch bei der Produktpiraterie scheint die Führung in Peking sensibilisiert. Mittlerweile sind auch chinesische Firmen Opfer von Raubkopierern, wie Merkel erfuhr. Das Problem behindert Chinas Weg zu eigenen Innovationen und schädigt zudem das Image des Landes. Und daran ist der Partei- und Staatsführung auf keinen Fall gelegen. Auch hier soll künftig auf Regierungsebene weiter miteinander gesprochen werden.

Dass Merkel die Dinge beim Namen nennt, weiß die chinesische Führung. Die Offenheit von Premier Wen war allerdings doch erstaunlich. Die Verhandlungen eröffnete er mit den Worten, die Kanzlerin spreche die Dinge ja gern direkt an. Diesen Stil möge er. In der Pressekonferenz später sagte er ungefragt entschlossenes Handeln gegen Computerhacker an.

Für Merkel sind die Kontakte mit der chinesischen Führung wichtig. Mit Wen hat sich Merkel als Kanzlerin viermal getroffen, allein am Montag nahm sich der Premier fast den ganzen Tag Zeit für sie. Staatspräsident Hu Jintao traf Merkel zuletzt beim G8-Gipfel in Heiligendamm und nun erneut. Der rege Kontakt ermöglicht einen offenen Dialog, der große Verstimmungen gar nicht erst zulässt.

Hinter den Bemühungen um ein gutes Verhältnis zu China stehen selbstverständlich nicht zuletzt auch wirtschaftliche Gründe. China ist mit über 1,3 Milliarden Menschen ein gigantischer Markt und drauf und dran, Deutschland beim Bruttoinlandsprodukt zu überholen und zudem zum Exportweltmeister aufzusteigen. Rund 2500 deutsche Unternehmen haben bisher 14 Milliarden Euro in China investiert, das bilaterale Handelsvolumen lag 2006 bei 78 Milliarden Euro. Dennoch gingen bisher nur ein Prozent der deutschen Auslandsinvestitionen und drei Prozent der deutschen Exporte nach China. Das Potenzial ist also bei weitem nicht ausgeschöpft.

Im Oktober 2008 hofft die chinesische Regierung auf Merkels dritten Besuch in Peking. Dann findet hier der nächste EU-Asien-Gipfel (ASEM) statt. Die offizielle Einladung sprach Wen bereits aus.