Zum ersten Mal besucht der Papst Lateinamerika - domradio begleitet die Reise: Gottesdienste live

Reise zu großen Zukunftsfragen

Lateinamerika gehörte bislang nicht zu den starken Themenfeldern im Pontifikat von Benedikt XVI. Am Mittwoch startet der Papst nun zu seiner ersten Überseereise und besucht bis zum 14. Mai Brasilien. Er begegnet unmittelbar dem größten katholischen Kontinent samt seinen Herausforderungen: Armut, Gewalt, den Vormarsch der Sekten und die Renaissance des Sozialismus.

 (DR)

Die bislang politischste Papstreise
Im Mittelpunkt der bislang längsten Papstreise steht die V. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM), die Konferenz der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik. Im Wallfahrtsort Aparecida eröffnet Benedikt XVI. am Sonntag das dreiwöchige Großtreffen über die kirchliche Zukunft des Subkontinents. Seine Grundsatzrede wird eine Weichenstellung für die Beratungen sein, bei denen 170 Kardinäle und Bischöfe sowie 100 weitere Delegierte die Lage von einer halben Milliarde Katholiken analysieren und Zukunftsaufgaben definieren und einleiten sollen.

Die Vorbereitung zum CELAM-Treffen zeigte das Ausmaß der Probleme für die Kirche Lateinamerikas. Sie verliert auf dem "Kontinent der Hoffnung" ständig Terrain an evangelikale Sekten - auch wenn dieser Einbruch in Brasilien gebremst zu sein scheint. Dennoch hat die Kirche bis heute kein griffiges Konzept, wie sie in den Armenvierteln den teilweise aggressiv und mit finanzieller Hilfe aus den USA werbenden "Missionaren" begegnen soll. Weiter muss sich die Konferenz den Problemen der Globalisierung auf einem Kontinent stellen, auf dem die Kluft zwischen Arm und Reich weiter wächst. Die neuen politischen Entwicklungen verlangen indes auch neue Antworten der Kirche auf die Frage nach sozialer Gerechtigkeit und einer gerechten Gesellschaftsordnung.

Benedikt XVI. hat seit Pontifikatsbeginn immer wieder den Skandal von Hunger und Armut in der Welt angeprangert, vor allem in Afrika. Er hat Kriege und Ungerechtigkeit verurteilt und die "Option der Kirche für die Armen" bekräftigt. Er hat die Prinzipien der katholischen Soziallehre unterstrichen und deutlich gemacht, dass die Kirche bei Menschenrechtsverletzungen nicht schweigen darf. Diese Appell waren jedoch meist allgemein, selten direkt auf Lateinamerika bezogen.

Papst: Rückte zuletzt Befreiungstheologie wieder in den Blick
Zudem hat die jüngste vatikanische Warnung vor Thesen des salvadorianischen Theologen Jon Sobrino die mancherorts bereits totgesagte Befreiungstheologie wieder in den Blick gerückt. Damit holt ein Thema den Papst ein, das ihn in seinen früheren Jahren als Präfekt der Glaubenskongregation beschäftigte. Damals untersuchte er theologische Schriften, lud Protagonisten wie Leonardo Boff zum Rapport. In zwei großen Dokumenten 1984 und 1986 wandte er sich gegen mit christlichen Glauben unvereinbare politischen Anleihen, insbesondere beim Marxismus.

Vor der CELAM-Konferenz wird Benedikt XVI. in Sao Paulo den seligen Franziskaner Frei Galvao (1739-1822) heiligsprechen. Er führt Gespräche mit Bischöfen und Politikern, trifft Vertreter anderer Kirchen und Religionen und besucht die "Fazenda da Esperanca", ein Reha-Zentrum für drogenabhängige Jugendliche.

Die Brasilien-Reise bedeutet für Benedikt XVI. viel Neuland, auch wenn der gelegentliche Eurozentrismus-Vorwurf gegen sein Pontifikat sicher nicht berechtigt ist. Mit Spannung wird man seine Botschaft für den "Kontinent der Hoffnung" verfolgen. Für die Weltkirche wird auch wichtig sein, wie er in Lateinamerika ankommt, wie er wahrgenommen wird. Beobachter sind gespannt, ob er den überraschenden Erfolg des Besuchs in der muslimischen Türkei im katholischsten Land der Erde wiederholen wird.

Begrüßung durch Lula
Benedikt XVI. fliegt am Mittwochmorgen von Rom aus nach Sao Paulo, wo ihn bei der Ankunft gegen 21.30 Uhr deutscher Zeit Staatspräsident Luis Inacio Lula da Silva sowie zahlreiche Kardinälen und Bischöfe begrüßen wollen.

Am Donnerstag stattet er dem Präsidenten im Bandeirantes-Palast von Sao Paulo einen Höflichkeitsbesuch ab. Am Abend trifft der Papst mit Jugendlichen im Stadion der Stadt zusammen. Für Freitag steht die Heiligsprechung von Frei Galvao auf dem Gelände des Campo de Marte in Sao Paulo auf dem Programm.

Am Abend fliegt Benedikt XVI. im Hubschrauber nach Aparecida, dem größten Wallfahrtsheiligtum Brasiliens mit jährlich rund acht Millionen Besuchern. Von dort aus besucht er am Samstag die Sozialstation "Fazenda da Esperanca" (Hof der Hoffnung) in Guaratingueta. Am Abend betet er in der Basilika von Aparecida mit Priestern, Ordensleuten und Seminaristen den Rosenkranz.

Die Papstreise im domradio
domradio begleitet in Kooperation mit Radio Vatikan die Reise täglich aktuell mit ausführlichen Hintergrundberichten.

Live überträgt domradio außerdem zwei Gottesdienste: am Freitag (11. Mai, Messfeier in Sao Paulo mit Seligsprechung von Frei Galvao) zwischen 14 Uhr und 16 Uhr sowie am Sonntag (13. Mai, Messfeier in Aparecida zur Eröffnung der V. Generalversammlung der Bischöfe aus Lateinamerika und der Karibik) zwischen 14.30 Uhr und 17 Uhr.

Ausführliche Informationen zum Programm der Papstreise können Sie hier nachlesen.

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