In seiner letzten Grundsatzrede übt Kofi Annan scharfe Kritik an der Regierung von US-Präsident Bush

Ein Mann der Reformen nimmt Abschied

UN-Generalsekretär Annan hat vor dem Weltsicherheitsrat in New York seine letzte Rede gehalten. Dabei warf Annan der Staatengemeinschaft vor, im Nahost-Konflikt versagt zu haben. Die Spannungen seien nahe der Zerreißgrenze und dafür seien Israelis und Palästinenser gleichermaßen verantwortlich. Die Anwendung militärischer Gewalt in dicht bevölkerten zivilen Gebieten sei ein stumpfes Instrument, das nur mehr Tod, Zerstörung und Rache produziere. Annan wird sein Amt zum Jahresende abgeben. Sein Nachfolger wird der Südkoreaner Ban Ki Moon. Kritik übte Annan vor allen Dingen an den USA.

 (DR)

In seiner Abschiedsrede hat Annan Kritik an der Regierung von US-Präsident Bush geübt. Die USA dürften im Kampf gegen den Terror nicht ihre demokratischen Ideale opfern. Die Vereinigten Staaten trügen besondere Verantwortung in der Welt, weil sie über außergewöhnliche Macht verfügten. Wenn es so aussehe, als gäben die USA ihre Ideale und Ziele auf, irritiere das ihre Freunde im Ausland, erklärte Annan.

Menschenrechte vor Kampf gegen Terror
Die USA solle diplomatische Alleingänge zu unterlassen und die Menschenrechte auch im Kampf gegen den Terrorismus zu wahren. "Mehr als je zuvor braucht Amerika, wie der Rest der Menschheit, ein funktionierendes globales System, in dem die Weltbevölkerung Herausforderungen gemeinsam meistern kann". Die USA trage dabei eine entscheidende Rolle für globale Institutionen.

Seine letzte Grundsatzrede hat Kofi Annan in der nach dem früheren US-Präsidenten Harry Truman benannten Bibliothek in Independence gehalten. Annan verwies darauf, dass Truman die Geschicke der Welt nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit großer Voraussicht gelenkt habe. Das Vorgehen Trumans, der von 1945 bis 1953 US-Präsident war, könne ein Vorbild für die USA der heutigen Zeit sein, sagte Annan.

Ein Mann der kritischen Offenheit
Kofi Annans Verhältnis zur US-Regierung unter Präsident George W. Bush war während seiner zehnjährigen Amtszeit an der Spitze der Vereinten Nationen (UN) von kritischer Offenheit geprägt. Meinungsunterschiede waren dabei an der Tagesordnung. Vertreter der Bush-Regierung sagten, die USA sollten die UN nur dann zu Rate ziehen, wenn sie nationalen Interessen nutze. Scharfe Kritik übte Annan vor allem am Irak-Einmarsch der USA im März 2003, der ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats erfolgte.

Bei der geplanten Erweiterung des UN-Sicherheitsrats setzte sich Annan für zehn zusätzliche Sitze ein. Damit forderte er eine stärkere Beteilung der armen und schwachen Staaten. "Nur in multilateralen Institutionen können sich Staaten gegenseitig zur Verantwortung ziehen", sagte er. "Deswegen ist es wichtig, dass diese Institutionen fair und demokratisch organisiert werden."