Caritas kritisiert im domradio die neuen Regelungen als "skandalös" und "menschenunwürdig"

Neues Ausländerrecht tritt in Kraft

 (DR)

Vergangene Woche hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern nach langem Ringen auf eine Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland geduldete Flüchtlinge geeinigt. Ab Montag tritt das neue Ausländerrecht in Kraft. Demnach können Ausländer mit einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz eine auf zwei Jahre befristete Aufenthaltsgenehmigung beantragen. Der Deutsche Caritasverband kritisiert im domradio-Interview die neuen Regelungen als "skandalös".

Kompromiss vom Kompromiss?
Die Innenministerkonferenz beschloss in Nürnberg einstimmig eine zwei-Stufen-Regelung. Die erste Stufe des Kompromisses zum Bleiberecht sieht vor, dass das Aufenthaltsrecht an den Nachweis einer Arbeit gekoppelt wird. Wer ab sofort und bis spätestens zum 30. September 2007 einen Arbeitsvertrag vorzeigen kann, bekommt das Bleiberecht. Das gilt für seit mindestens acht Jahre in Deutschland lebende Flüchtlinge. Sehr gut integrierte Betroffene können auch schon nach sechs Jahren ein Bleiberecht bekommen. Zusätzlich dazu soll in der zweiten Stufe in Berlin ein Bundesgesetz von der großen Koalition erarbeitet werden. Darin soll das Bleiberecht für diejenige geregelt werden, die keinen Arbeitsvertrag haben.

Die Berliner Koalition hatte sich bereits am Dienstag weitgehend auf eine Bleiberechtsregelung für die rund 190.000 geduldeten Ausländer verständigt. Demzufolge sollte es entgegen der bisherigen Unions-Position auch ein Bleiberecht für Personen geben, die noch keinen Arbeitsplatz haben. Sowohl Beckstein als auch der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) lehnten dies aber ab und warnten vor einer „Zuwanderung in die Sozialsysteme".

Der neuen Zwei-Stufen-Lösung zufolge ist diese Gefahr zunächst abgewendet. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verwies im Fernsehsender N24 darauf, dass für die „große Regelung" noch notwendige Gesetzesänderungen fehlten. Er fügte hinzu: „Für die Betroffenen, für die wir jetzt was tun können, ist es höchstwahrscheinlich sinnvoller zu sagen, ich tue jetzt sofort was für euch, als dass ich euch auf irgendwann im nächsten Jahr, wenn dann das Gesetz kommt, vertröste."

Caritas: Enttäuschender Beschluss
Der Deutsche Caritasverband und die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sprachen von einem enttäuschenden Beschluss, der weit hinter den Erwartungen zurückbleibe. Insbesondere die Auflage der Innenminister, das Aufenthaltsrecht an einen Arbeitsplatz zu koppeln, widerspreche der Realität der geduldeten Ausländer, erklärte Caritas-Präsident Peter Neher. Da bisher bei einer Duldung eine Arbeitserlaubnis meist verweigert worden sei, habe dieser Personenkreis keine Möglichkeit, den Lebensunterhalt eigenständig zu sichern. Pro Asyl lobte, dass nun immerhin einige tausend Menschen eine Aufenthaltserlaubnis erhielten. Eine einmalige Bleiberechtsinitiative reiche aber bei weitem nicht aus, weil weiterhin mehr als 100.000 Menschen dauergeduldet in Deutschland lebten. Die Organisation appellierte deshalb an die Bundesregierung, das Zuwanderungsgesetz zu ändern, so dass in Zukunft Kettenduldungen abgeschafft würden.

Auch Bischofskonferenz mit Kompromiss unzufrieden
Die Deutsche Bischofskonferenz hat den Kompromiss der Innenministerkonferenz zum Bleiberecht als enttäuschend bezeichnet. Besonders die Koppelung des Bleiberechts an ein Beschäftigungsverhältnis sei bedauerlich. Das erklärte die Pressesprecherin der Konferenz, Höhns in Bonn. Nun erhielten lediglich die etwa 20.000 Geduldeten ein Bleiberecht, die bereits einen Arbeitsplatz besäßen. Weitere 40.000 der fast 200.000 Betroffenen hätten die Chance, bis 30. September 2007 eine Arbeit zu finden. Damit blieben die Innenminister weit hinter dem von der großen Koalition ausgehandelten Kompromiss zurück, so die Bischofskonferenz.

Grüne und Linkspartei.PDS kritisieren Beschluss
Der Kompromiss der Innenminister von Bund und Ländern im Streit über ein Bleiberecht für langjährig geduldete Ausländer stößt bei der Opposition auf scharfe Kritik. Grünen-Chefin Claudia Roth betonte am Freitag in Berlin, für „viel zu viele Menschen" bleibe die Lebenssituation unsicher. Sie forderte die große Koalition auf, sich „mutig über die Blockadehaltung einer Minderheit der Innenminister hinwegzusetzen".

Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei.PDS, Katina Schubert, nannte die Beschlüsse der Innenministerkonferenz „völlig unzureichend". Sie betonte: „Das Bleiberecht wird bei den restriktiven Regelungen für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis und der nach wie vor hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland zum Placebo, wenn es direkt an einen Arbeitsvertrag gekoppelt ist."