Eine Chronologie von Taize

Vor 75 Jahren erste Gelübde beim "kleinen Frühling"

Brüder der Gemeinschaft von Taizé beim gemeinsamen Gebet / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Brüder der Gemeinschaft von Taizé beim gemeinsamen Gebet / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Seit Jahrzehnten zieht Taize in Burgund Zehntausende junger Christen aus aller Welt an:

12. Mai 1915: Geburt von Roger Louis Schutz-Marsauche als neuntes Kind der Familie im Dorf Provence im Schweizer Jura.

20. August 1940: Roger Schutz kauft ein Haus im Dorf Taize/Burgund, um dort eine geistliche Gemeinschaft aufzubauen. Das Haus nahe der Demarkationslinie zur deutschen Besatzung wird zur Herberge für Durchgangsflüchtlinge in die Schweiz.

1941: Schutz formuliert eine erste, stark franziskanisch geprägte Ordnung für ein künftiges gemeinschaftliches Leben in Taize.

1942: Nach einer Denunziation muss Schutz Taize verlassen. Im calvinistischen Genf lebt er mit seinen beiden 1921 geborenen Schweizer Gefährten Max Thurian und Pierre Souvairan in brüderlicher Gemeinschaft.

Juli 1944: Schutz wird als reformierter Geistlicher ordiniert.

Oktober 1944: Schutz kehrt mit seinen beiden Gefährten nach Taize zurück - um für immer zu bleiben. Kurz darauf kommt ein vierter Bruder hinzu, der schon seit 1942 in Genf dabei war: der Schweizer Daniel de Montmollin. Die Gemeinschaft betreut deutsche Kriegsgefangene in zwei benachbarten Lagern, nimmt französische Kriegswaisen in Obhut. Frere Rogers Schwester Genevieve Schutz-Marsauche (1912-2007) gibt ihre Karriere als Pianistin auf, um fortan mit schutzbedürftigen Kindern in Taize zu leben.

1948: Der Vatikanbotschafter in Frankreich, Erzbischof Angelo Giuseppe Roncalli (der spätere Papst Johannes XXIII., 1958-1963), macht die katholische Pfarrkirche von Taize zum Simultaneum - und erlaubt damit den protestantischen Brüdern die Nutzung zum Gebet.

1949: Am Ostersonntag legen in der Dorfkirche die ersten sieben protestantischen Brüder ihr Gelübde für ein "lebenslanges Engagement" mit Armut, Keuschheit und Gehorsam ab. Weitere folgen.

1953: Die erste offizielle Regel der Gemeinschaft kommt ohne jede juristische Fixierung aus. Einen "Dritten Orden" für Anhänger des Lebensstils von Taize in unmittelbarer Nachbarschaft lehnt Frere Roger ausdrücklich ab. Engagierte Laien sollen sich in ihren Gemeinden und Ortskirchen einbringen.

späte 50er Jahre: Der Zulauf von Jugendlichen und Ökumene-Begeisterten wächst.

1962: Die "Kirche der Versöhnung" in Taize wird errichtet - ein bewusstes Provisorium.

1962-1965: Frere Roger und Frere Max nehmen auf Einladung von Johannes XXIII. am Zweiten Vatikanischen Konzil teil.

1968: Im Zuge der Jugendunruhen der 68er wird Taize sowohl von reformierter wie von katholischer Seite als vermeintlich unzuverlässig beargwöhnt. Die ordinierten Pfarrer der Gemeinschaft müssen ihre Gemeindetätigkeiten in der Region einstellen. Ohne Wissen Papst Pauls VI. werden die Leiter von Taize im Vatikan vorgeladen und befragt.

1969: Zu Ostern wird der erste Katholik als Bruder aufgenommen, ein junger Arzt aus Belgien. Kurz darauf folgt ein junger Kolumbianer. Die erste ökumenische Ordensgemeinschaft der Kirchengeschichte ist entstanden.

1970: Frere Roger kündigt mit dem Segen Pauls VI. ein "Konzil der Jugend" an.

1972: Frere Roger und Frere Max erhalten vom Bischof von Autun die Kommunion. Dies wird lange Zeit als Beleg für einen Übertritt der beiden zum Katholizismus gewertet - jedoch von der Gemeinschaft von Taize stets zurückgewiesen.

1974: Das "Konzil der Jugend", über mehrere Jahre geistlich vorbereitet, wird zu einem Meilenstein der Jugendbewegung. Unzählige private Sozial- und Kirchenprojekte entstehen daraus. Frere Roger persönlich sieht es als Misserfolg an. Taize wendet sich in den Folgejahren zunehmend nach außen, etwa durch Besuche in Ländern des Ostblocks und in der Dritten Welt. Frere Roger erhält den Templeton-Preis ("Nobelpreis für Theologie") sowie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

ab 1978: Europäische Jugendtreffen

ab 1982: "Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde" in Taize

1982: Frere Max arbeitet an der Lima-Erklärung des Weltkirchenrates (ÖRK) mit.

1987: Frere Max erhält in Neapel die katholische Priesterweihe.

1988: Unesco-Preis für Friedenserziehung für Frere Roger

1989: Europäischer Karlspreis

1996: Max Thurian stirbt als katholischer Priester in Genf. Er wird in Taize beigesetzt.

1998: Frere Pierre (Souvairan) stirbt in Niger.

2005: Bei der Beisetzung von Papst Johannes Paul II. erhält Frere Roger aus der Hand von Kardinaldekan Joseph Ratzinger die Kommunion.

16. August 2005: Während die katholische Jugend in Köln den Weltjugendtag feiert, wird Frere Roger in Taize von einer verwirrten Frau erstochen. Der deutsche Katholik Frere Alois (Löser) übernimmt die Leitung der Gemeinschaft.

August 2015: "Solidaritätswoche" in Taize. Am 10. Todestag Frere Rogers Gebetsgedenken mit Tausenden Besuchern, darunter auch rund 100 Vertreter christlicher Konfessionen und anderer Religionen. Zugleich wird des 100. Geburtstags von Frere Roger und des 75. Jahrestags der Gründung der Gemeinschaft gedacht.

2019: Die Missbrauchskrise in den christlichen Kirchen erreicht auch Taize. Die Bruderschaft räumt Missbrauchstaten in der Vergangenheit ein und bekennt sich zu Aufklärung.

Juli 2023: Nach 18 Jahren Leitung und der internationalen Fortentwicklung der Brüdergemeinschaft teilt Frere Alois mit, das Amt des Priors an den Anglikaner Frere Matthew (58) abzugeben.

2./3. Dezember 2023: Stabübergabe an den neuen, dritten Prior von Taize. Frere Alois (69) beginnt nach 50 Jahren eine neue Lebensphase außerhalb von Taize; in Italien und auf Kuba. (KNA/16.04.2024)