WunderBar

Verkehrte Welt

„Wir müssen reden.“ Auf Spiekeroog bekommt meine Freundin eine Nachricht von ihrem Sohn. Da wir gerade eh in der Sonne rasten, ruft sie rasch zurück.

Es ist schon ein Weilchen her, da hat meine Freundin mir ein Wochenende auf Spiekeroog zu einem runden Geburtstag geschenkt. Aber wie das so ist mit gemeinsamen Auszeiten, manchmal passen die Termine einfach nicht übereinander.

Bevor aber im nächsten Jahr der nächste runde Geburtstag ansteht, haben wir ein Zeitfenster gefunden und sind über Karneval auf die Insel gefahren.

Auf dem Weg zum Strand drehen wir auf einer Bank unsere Gesichter wie Sonnenblumen der Sonne entgegen. Die Freundin hat ihren großen Hund dabei, der in den Dünen gerade etwas überwältigend Spannendes zu riechen scheint. Jedenfalls zieht er heftig an der Leine. Meine Freundin hält dagegen.

Da plingt eine Nachricht in ihrem Handy.

Während die Freundin mit einer Hand mit dem Hund ringt, mit der anderen das Handy aus der Hosentasche kramt, lacht sie: „Wie früher. Das Kind schreit, die Windel muss gewechselt werden und das Telefon klingelt. Manche Dinge hören nie auf.“

Dann ruft sie den Sohn, der zu Hause für eine wichtige Prüfung lernt, zurück. Vom Sohn kann ich nur den Tonfall hören. Klingt aber nach Standpauke für Mama.

 „Du wäschst den Getränkekühlschrank im Keller aus?“

„Das Fett im Topf? Ja, das ist normal, das kann man häufiger benu-…“

„Das Fett war schimmelig? Dann kann es weg. Ach, hast Du schon?“

„Ein Glas mit Bläschen? Das ist der Sauerteig. Das ist kein Schimmel-“

„Du hast den Sauerteig schon weggetan? Ist nicht schlimm, aber das Glas hätte ich gerne…“

„Das Glas hast Du schon weggeworfen. Vielleicht kannst Du dann ja jetzt lernen gehen.“

„Im Kühlschrank riecht es säuerlich? Ja, das kann sein, ich hatte extra ein Bienentuch mit Essig in den Kühlschrank gelegt, für ein gutes Klima. Das kann dableiben. Und wirklich, Du kannst ruhig wieder lernen gehen.“

Aber erst als der Sohn seinen ganzen Kühlschrankkummer losgeworden ist, lässt er die Frau Mama auflegen.

In der schon tief stehenden Sonne schauen wir beiden Mütter uns tief in die Augen und können kaum aufhören zu lachen.

So ein Halbwüchsiger, der vor lauter Flucht vor dem Schreibtisch den Kellerkühlschrank als Ekelschleuder entdeckt und Mama empört die Meinung sagt, ist nun nicht das, was wir als junge Mütter vom Leben erwartet hatten.